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Die Sendung zum Nachlesen:
„Wenn dich jemand nötigt, eine Meile mit ihm zu gehen, so gehe mit ihm zwei“ (Mt 5,41). Ein schöner Satz aus der Bibel. Denn so eine gemeinsame „Extra-Meile“, zu der Jesus rät, schenkt Zeit. Zeit, um miteinander zu reden und zu erkennen, worum es dem oder der anderen geht. Man sieht einander in die Augen und versteht sich besser. Doch statt eine Extrameile miteinander zu gehen, schreibt man heute eher Extramails. Lieber wird aufs Smartphone getippt, statt sich zu treffen. Doch digital verliere ich mein Gegenüber aus den Augen – und prompt reden wir oft genug aneinander vorbei.
Eigentlich sollte digitale Kommunikation die Arbeit und den Austausch erleichtern, doch die Erfahrungen können auch ganz anders sein: Unbedachte Mails führen manchmal zu Streit – unter Kollegen, Freunden und selbst in der Familie. Manche Kommentare in den vermeintlich sozialen Medien machen sie schnell zu unsozialen Medien. WhatsApp-Gruppen, Dienstrunden, ehrenamtliche Vorstände in einem gemeinsamen Adressverteiler – wie schnell ist man verkracht, nur wegen einer unbedachten Nachricht. Und die ist schnell versandt und wird oft geteilt. Die Bibel gibt in schöner altertümlicher Sprache einen Rat: „Eine linde Antwort stillt den Zorn; aber ein hartes Wort erregt Grimm.“, Buch der Sprüche, im Kapitel 15. Ob dieser Gedanke für die schöne neue Medienwelt taugt?
Eine jüdische Geschichte erzählt: ein Tor, der Gerüchte über andere verbreitete, wurde von einem Weisen zur Rede gestellt. Da bedauerte der Mann seine üble Nachrede und bat um Vergebung. Der Weise bat ihn daraufhin nur um eines: Er solle doch ein mit Federn gefülltes Kissen aufschneiden und die Federn im Wind zerstreuen. Das tat der Mann. Dann sagte der Weise: "Geh und sammle alle Federn wieder ein." „Aber das ist doch unmöglich!“, protestierte der Mann. Der Wind hat sie davongetragen!" „Genauso ist es unmöglich den Schaden wiedergutzumachen, den du durch deine Worte angerichtet hast."
Nichts Anderes geschieht in wütenden E-Mails und Online-Kommentaren: Die Schreiberinnen und Schreiber streuen Federn in den Wind. Eine Nachricht, spontan oder aus Ärger geschrieben, kursiert noch lange durch die Postfächer und Timelines. Und so wandert die „Protestnote“ durch das digitale Netz. Auf Beschuldigung folgt Rechtfertigung und auf Vorwurf Streit. Wut-Mails provozieren erst recht gepfefferte Antworten und Kommentare. Brav archiviert eine Mail den Frust von der ersten bis zur letzten Zeile und wird durch Ergänzungen länger und länger. Und dann wird sie auch noch von vielen mitgelesen, die zur „Verstärkung“ herbeigerufen, nämlich „in CC“ gesetzt, werden. Am Ende steht viel Krach mit andern und manchmal der Abbruch von Beziehungen. Was tun?
Vor allem eins: Will ich eine „Wut-Nachricht“ versenden, dann sollte ich zumindest eine Nacht darüber schlafen. Und wenn ich eine „Wut-Nachricht“ erhalte: Fenster öffnen, Luft holen und möglichst bald mit dem Schreiber persönlich sprechen. Und auf keinen Fall sofort und „an alle“ im Verteiler antworten.
Ich habe aus eigener Erfahrung und aus meinen Fehlern gelernt: Persönliche Konflikte gehören nicht in die digitale Welt, sondern in ein direktes Gespräch. Denn digitale Kommunikation zeigt weder Stimmlage noch Mimik noch Gestik. Trotz der vielen Emojis – so fällt es mir schwer, mein Gegenüber zu verstehen. Statt meinem Ärger in einer gepfefferten Mail Luft zu machen, ist ein Gespräch die richtige Antwort auf Konflikte. Es fordert alle Beteiligten gleichermaßen heraus: Komm, zeig Dich mal. Wie geht es Dir wirklich?
Lass uns eine „Extrameile“ miteinander gehen.
Es gilt das gesprochene Wort.