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Die Sendung zum Nachlesen:
Auch Sternstunden haben den Tag danach. Wenn alles vorbei ist, man das Lametta zusammenkehrt und die Sektgläser spült, das Abendkleid und den guten Anzug zur Reinigung bringt. War es schön? Hat sich der Aufwand gelohnt? Klingt noch etwas nach?
Was sie wohl auf dem Rückweg von ihrer größten Sternstunde gedacht haben? Die drei hochgelehrten Wissenschaftler aus dem Zentrum der damaligen Weisheit und magischen Kunst, aus Babylon. Der Volksglaube hat drei Könige aus ihnen gemacht, doch es waren Gelehrte. Sie konnten komplizierte Vorgänge begreifen und erläutern. Erfahrene Astrologen. So stellt sie uns der Evangelist Matthäus vor. Diese drei waren einem Stern gefolgt. Aus der Hauptstadt, dem geachteten Mittelpunkt von Wissenschaft und Forschung, waren sie in ein unbedeutendes Vasallenkönigtum des Römischen Reichs gereist. Um ein Neugeborenes zu suchen. Gestern war ihr Tag. Epiphanias, der 6. Januar.
Der Evangelist Matthäus lässt sie auf Umwegen an der Krippe ankommen, zunächst einmal waren sie - dank eingefahrener Denkgewohnheiten - im falschen Palast gelandet. Sie hatten das angekündigte Königskind in Jerusalem bei Herodes gesucht. Erst die Kooperation mit örtlichen Wissenschaftlern, die sich in der religiösen Literatur auskennen, lässt sie in Bethlehem ankommen. Was sie dort sehen ist – jedenfalls aus der Perspektive von Christen – ein kompletter Paradigmenwechsel. Etwas ungeheuerlich Neues. Gott ist Mensch geworden. Ob sie das schon in dieser Sternstunde selbst ganz verstanden haben? Oder ob es ihnen mit allen Konsequenzen erst auf der Rückreise klar wurde, am Tag danach? Jedenfalls müssen sie einen Umweg einschlagen, ein Engel macht ihnen klar, dass dem Kind Gefahr droht durch den Vasallenkönig. Sie kehren auf fremden Wegen zurück in die Heimat.
Eine lange Reise ist gefährlich. Doch gefährlicher als alle Strauchdiebe und wilden Tiere ist die Umkehrung der Verhältnisse. Alte Denkstrukturen werden zerstört, eingefahrene Bilder von Gott und der Welt auf den Kopf gestellt. Die Metaphysik wird umgeordnet. Ein Paradigmenwechsel ereignet sich. Das ist nicht immer angenehm, zumindest schwierig. Haltungen verändern sich nicht von einem Tag auf den anderen – meistens jedenfalls.
Ob diese drei Wissenschaftler auf dem Heimweg überlegt haben, wie sie dieses Ereignis kommunizieren könnten? Sie brachten ja keine handfesten Forschungsergebnisse mit. Sie hatten keine volle Windel zu Dokumentationszwecken mitgenommen und wahrscheinlich auch keine Statistik über das Verhältnis Hirten-Engel aufgestellt. Sie hatten das Kind keinen Tests unterzogen. Sie hatten es beschenkt, mit den kostbarsten Dingen, die die damalige Welt kannte. Wertvollste Import-Ware. Viele Menschenleben wert.
Auch hier ein Paradigmenwechsel. Plötzlich ist ein Menschenleben so viel wert. So wertvoll, dass Gott als Mensch geboren wird und so seine Menschheit adelt. Die drei Weisen beugen ihre Knie vor dem Kind – ob sie anschließend ihre Sklavinnen und Sklaven anders behandelt haben? Menschenwürdig? Auf diesen Paradigmenwechsel wartet die Welt bis heute. Darauf, dass Menschenleben und Menschenwürde überall geachtet werden und wichtiger sind als Gold und Geld und Macht.
Am Tag danach. Sie kehren zurück in ihr Land, in ihre private, berufliche, gesellschaftliche, politische Wirklichkeit.
Am Tag danach: Die Erinnerung an einen Stern. Die Erinnerung an die Umkehr der Verhältnisse. Da ist so viel, das nachklingt. Und nachleuchtet.
Es gilt das gesprochene Wort.