Unterschlupf und Fels

Wort zum Tage

epd-bild/ Rolf Zoellner

Unterschlupf und Fels
von Militärdekan Dirck Ackermann
14.05.2024 - 06:20
17.03.2024
Militärdekan Dirck Ackermann
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Auf den ersten Blick sieht es aus wie einer dieser Pavillons, in denen man bei Waldspaziergängen Unterschlupf vor Regen und Sturm finden kann. Und tatsächlich steht dieser Pavillon in einem Wald. Aber sowohl der Wald als auch der Pavillon sind besonders.

Ich befinde mich im Wald der Erinnerung. Das ist ein Ort am Rand einer Bundeswehrkaserne in der Nähe von Potsdam. Hier wird der Soldatinnen und Soldaten gedacht, die in den Auslandseinsätzen der Bundeswehr ums Leben gekommen sind.

Und jener Pavillon gehört dazu. Er wird Haus Benedikt genannt und ist ein Nachbau der kleinen Kapelle, in der Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan, in Mazar-i-Sharif Gottesdienst gefeiert haben. Nicht nur den Sonntagsgottesdienst. Dort wurden Menschen getauft, habe Paare geheiratet, hier fanden Trauergottesdienste für die Gefallenen statt.

In dem lauten Lager im Norden von Afghanistan war dieses Haus Benedikt ein Ort des Rückzugs und der Besinnung. Hier suchten die Soldatinnen und Soldaten Ruhe von dem Stress des Einsatzes. Ein Unterschlupf vor den Stürmen des Lebens.

Als die Bundeswehr Afghanistan 2021verlassen hat, war es der Wunsch von Soldatinnen und Soldaten, die Kapelle in Deutschland wiederaufzubauen. Und so entstand im Wald der Erinnerung bei Potsdam das neue Haus Benedikt.

Ich gehe gerne in diesen Unterschlupf. Der Raum riecht nach frischem Holz. An einer Seite steht wie in Mazar-i-Sharif der Fels, der als Altar dient. Soldatinnen und Soldaten haben diesen Fels aus Afghanistan mitgenommen.

Mein Blick bleibt immer an diesem besonderen Altar hängen. Ein Fels: für mich ein Symbol, dass da jemand ist in den Stürmen des Lebens, der mir Halt und Stärkung gibt. In einem Psalm in der Bibel steht: Gott, sei mir ein starker Fels, dass du mir helfest.

Ich erinnere mich an die Tage und Nächte, in denen ich im Einsatz als Militärseelsorger nicht mehr ein noch aus wusste. Besonders, wenn ein Soldat oder eine Soldatin ums Leben gekommen war. Das hat alle im Lager erschüttert. Durcheinandergewirbelt im Geist, in den Sinnen, im Denken. Stürmische Zeiten im Kopf, im Gefühl, im Körper.

Dann braucht es besonders einen Unterschlupf und einen Fels, an dem ich mich festmachen kann. Ich bin dankbar für alle Orte, die so sind wie diese kleine Kapelle im Wald der Erinnerung. Die spüren lassen: Gott ist ein starker Fels. 

Es gilt das gesprochene Wort.

17.03.2024
Militärdekan Dirck Ackermann