"Drehn Sie sich um, Frau Lot!"

Zum 100. Geburtstag des israelischen Schriftstellers Ephraim Kishon.

Sendung zum Nachlesen

"Drehn Sie sich um, Frau Lot!" So heißt das Buch, durch das der israelische Schriftsteller Ephraim Kishon weltbekannt wurde. Die New York Times wählte es 1959 zum "Buch des Monats". Heute vor 100 Jahren wurde Ephraim Kishon in Budapest geboren.

"Drehn Sie sich um, Frau Lot", das sind kurze satirische Geschichten, in denen Ephraim Kishon die kleinen Mängel und Defekte im israelischen Alltag aufs Korn nimmt – vom Supermarkt bis zum Arztbesuch, von der Sozialfürsorge bis zur Frühjahrsreinigung. Kishons Verlag in Deutschland hatte das Buch ursprünglich abgelehnt. Keine Erfolgschancen beim deutschen Lesepublikum, so die Einschätzung. Dann wurde es ein Welterfolg und auch in Deutschland ein Bestseller.

"Drehn Sie sich um, Frau Lot" spielt auf die Geschichte von Sodom und Gomorra in der Bibel an. (1. Mose 19) Gott hat die beiden Städte dem Untergang geweiht, "denn ihre Sünden sind sehr schwer", so heißt es in der Bibel. Nur Lot, der Neffe des Erzvaters Abraham, Lots Frau und deren beide Töchter sollen gerettet werden.

Zwei Engel drängen Lot: "Los! Verlass die Stadt! Sieh nicht hinter dich, bleib nicht stehen, rette dich!" Lot zögert. Da packen die Engel ihn und seine Familie bei der Hand und lassen sie erst draußen vor der Stadt wieder los. Gott lässt Schwefel und Feuer auf Sodom und Gomorra regnen. Lot und die beiden Töchter fliehen. Aber "Lots Frau sah hinter sich und ward zur Salzsäule". (1. Mose 19,26)

Der Blick zurück kann erstarren lassen, wenn zu schrecklich ist, was hinter einem liegt. So hätte es Ephraim Kishon selbst gehen können. Er stammt aus einer jüdischen Familie in Budapest und hieß ursprünglich Ferenc Hoffmann. Er hat den Holocaust überlebt und ist nach Israel emigriert. Die Nazis haben viele seiner Familienangehörigen ermordet.

Ephraim Kishon schreibt über sich selbst: "Geboren 1924 in Ungarn, neugeboren 1949 in Israel. Zu viele Schulen. Zu viele Arbeitslager: ungarische, deutsche, russische." (1)

"Drehn Sie sich um, Frau Lot!" widerspricht dem Befehl der Engel aus der Bibel. Denn Kishon wollte genau hinschauen und schildern: Sarkastisch-scharf, aber mit liebevollem Blick fürs Detail und für die Menschen mit ihren Brüchen und ihren besten Seiten. Ihn bewahrte gerade das Hinschauen davor, zur Salzsäule zu erstarren. "Drehn Sie sich um, Frau Lot!"

Es gilt das gesprochene Wort.

Litaraturangaben:

1. Klappentext zu "Drehn Sie sich um, Frau Lot!", dtv 1971, Quelle: https://www.dieterwunderlich.de/Ephraim_Kishon.htm (c) Dieter Wunderlich.

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