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Sendung zum Nachlesen
"Ein Baum spricht: In mir ist ein Kern, ein Funke, ein Gedanke verborgen, ich bin Leben vom ewigen Leben." (1) So nahm schon der Schriftsteller Hermann Hesse schon 1919 die Perspektive des Baumes ein und fasste in Worte, was auch heute noch aktuell ist.
Ich brauche sie. Denn Bäume geben mir die Luft, die ich zum Atmen brauche. Und sie tragen Früchte, die mich ernähren. Jeder Baum trägt so viel Geschichte in sich. Es gibt Bäume, die sind schon tausende Jahre alt – was die wohl schon alles gesehen haben? Wie erlebt ein Baum wohl den Wandel des Klimas? Was würde er sagen, wenn er könnte? Wie auch Hermann Hesse, stelle ich mir vor, was der Baum wohl sagen würde. Er spricht:
Als Baum lebe ich im Rhythmus der Jahreszeiten. Ich mag jede davon auf ihre eigene Art. Ich mag es wie im Herbst alles wird bunt um mich herum, meine Blätter auch. Meine Füße sind warm eingepackt und meine Hände werden kalt, aber letzte Sonnenstrahlen kitzeln noch immer mein Gesicht. Bis der Winter mich in eine dicke Decke hüllt. Ich schlafe viel und tanke Kraft. Manchmal wird es wunderschön weiß und still um mich herum. Aber das ist selten geworden. Im Frühling taue ich auf und wachse über mich hinaus. Ich fühle mich stark und lasse andere daran teilhaben. Menschen und Tiere spüren das. Sie suchen meine Nähe. Wir stehen uns nahe. Wir sorgen uns umeinander und genießen die Früchte unserer gegenseitigen Fürsorge. Der Sommer ist besonders. Die Hitze der Sonne fordert mich heraus. Aber ich bin selten allein. Ab und an streicht mir ein Fuchs um die Beine. Bienen summen mir ihre Geheimnisse ins Ohr. Ein Vogel landet sanft auf meiner Schulter und singt mir ein Lied. Und ich spende ihnen Schatten. Ich schenke ihnen Früchte und süßen Zuckersaft. Meine Zehen muss ich immer weiter ausstrecken, um genügend Wasser zu finden. Die Sommer sind in den letzten Jahren heißer geworden. Und auch die Unwetter und Stürme haben zugenommen. Starke Regengüsse und Überschwemmungen zehren an meinen Kräften, als würden sie mir den Boden unter den Füßen wegreißen. Die Sonne brennt auf mir und macht mir das Luftholen schwer. Vögel und andere Tiere suchen Schutz bei mir. Sie erzählen mir, dass an anderen Orten meine Geschwister brennen, ganze Wälder verbrennen.
Es klingt wie ein böser Albtraum, was der Baum zu sagen hätte. Ja, immer mehr Wälder brennen. Überall. Auch in Europa. Als Christin tröstet mich Gottes Zusage nach der Sintflut: "Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht." (Gen 8,22) So steht es im ersten Buch der Bibel. Und das macht mir Mut! Aber ich will mich nicht auf diesem Versprechen ausruhen. Ich will tun, was ich kann, damit es dieser Welt ein kleines bisschen besser geht. Auch für die Bäume, die so viel für mich tun.
Es gilt das gesprochene Wort.
Literatur dieser Sendung:
- Hermann Hesse: Wanderung. S48.
- Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.