Morgenandacht
Heilige Familie
17.12.2015 05:35

„Und wenn das zehnmal dein Geburtstag ist – Weihnachten bist du zu Hause!“ Die Mutter ist zornig. Der Vater steht stumm hinter ihr. Wütend wendet sich der Sohn ab und geht zur Tür. Doch der junge Mann hat nicht nur einen Bart und lange Haare. Er hat auch einen Heiligenschein. Genau wie seine Mutter. Ganz klar: Die Heilige Familie ist es, bei der nicht „stille Nacht“ sondern Zoff angesagt ist. Diese hübsche kleine Familienszene erreichte mich über Facebook als Karikatur.

 

„Und wenn das zehnmal dein Geburtstag ist – Weihnachten bist du zu Hause.“ – „Ihr werdet doch vorbeikommen, oder? Du weißt doch, Papa legt viel Wert drauf, dass Weihnachten alle zusammen sind.“ – „Nicht dass du uns falsch verstehst… aber deine Freundin… Ich meine, Heiligabend, da ist man doch eher so im engen Familienkreis…“

 

Solche oder ähnliche Sätze fallen in vielen Familien, jetzt in den Wochen vor Weihnachten. Und ganz gleich wie vorsichtig Mütter oder Väter, Omas oder Opas solche Wünsche formulieren – sie sorgen für Zoff und schlechte Stimmung. Woher kommt eigentlich dieser Mythos, dass man Weihnachten nur im engsten Familienkreis feiert?

 

Mein Blick fällt auf die Krippe. Maria, Josef und das Jesuskind – die Heilige Familie. Sie sind so etwas wie ein Vorbild für die heile, ja in diesem Fall sogar Heilige Familie. Und so stehen sie im Zentrum der Krippenlandschaften. Doch mit diesen Figuren verengt sich oft der Blick auf das, was Weihnachten ausmacht. In der Bibel lese ich: Das Umfeld der biblischen Kleinfamilie ist ganz schön bunt. Da sind Hirten mit ihren Hirtenjungen und Schafen dabei, Ochse und Esel und dann noch drei Männer, Astronomen, Sterndeuter, die von weit her kommen. Für Josef und Maria Fremde wie die Hirten. Die Heilige Familie, sie hat sich nicht in einem Reihenhäuschen mit Tannenbaum und Gänsebraten eingeschlossen. Bei ihr ist im Gegenteil Tag der offenen Tür. Hereinspaziert – hier gibt’s was zu gucken. Was zu feiern. Kommet zuhauf.

 

Weihnachten – das wird für viele zum Testfall: Sind wir noch eine Familie? Was sind wir einander wert? Wie viel bin ich den anderen wert? Der Sohn will die Mutter nicht enttäuschen und gibt sich Mühe, nicht zu zeigen, wie sehr er seine Freundin vermisst. Die Ausgeladene versucht das gleiche in ihrer Familie. Die Mutter will den Vater nicht enttäuschen und spielt Freude vor über ein Geschenk, das mal wieder so gar nicht zu ihr passt. O du fröhliche schallt es von der Weihnachts-CD und Merry Christmas. Und dann kann es passieren: Fauler Friede und geheuchelte Freude vergiften den Genuss der Weihnachtsgans. Die Sahne auf dem Eis schmeckt sauer.

Manche fragen sich: Wo ist sie geblieben, die Weihnachtsfreude?

 

Nicht, dass Sie mich falsch verstehen. Ich habe nichts gegen Rituale. Die sind sinnvoll und wichtig. Und sie einzuhalten ist eine wichtige Übung. Erst wenn ich täglich bete oder über einem Satz aus der Bibel meditiere, spüre ich irgendwann: Ich werde ruhiger. Ich konzentriere mich auf etwas, das außerhalb meiner kleinen engen Sorgenwelt liegt. Und langsam öffnet sich dann etwas in mir – für Gottes wärmendes Licht.

 

Für mich ist das Weihnachtsfest mit der Familie auch ein Ritual. Da ist endlich Zeit füreinander. Einmal alle an einem Tisch. Spielen, reden, essen und trinken. Das kann schön sein. Und es gelingt wie jedes Ritual besser, wenn ich es über das Jahr oft geübt habe.

Wenn ich viele kleine Weihnachten zwischendurch feiere. An Geburtstagen, an Sonn- und Feiertagen. Und je geübter ich darin bin, desto eher gelingt es mir, auch andere mit einzuladen. Mich zu öffnen für die, die vielleicht keine Familie haben oder mit ihr gebrochen haben. Familienweihnachtsfriede auf Knopfdruck – das ist schwierig. Auch gute Gemeinschaft braucht Übung. Deshalb – erwarten Sie nicht, dass alle Ihre Wünsche in Erfüllung gehen. Feiern Sie mit denen, die gern kommen. Und freuen Sie sich an dem, was ist. Da hat dann die Weihnachtsfreude reichlich Platz.