Morgenandacht
Geschenk ist Botschaft
19.12.2015 05:35

„Wir schenken uns in diesem Jahr nichts. Ist ja doch immer nur ein Tausch.“ Wir schenken uns in diesem Jahr nichts. Ein trauriger Satz. Ja, da kann man sich Weihnachten ja auch gleich schenken, denke ich.

Wir schenken uns nichts. Eine Freundin schrieb dazu: „Keine Geschichte und keinen erlauschten Herzenswunsch? Mach nicht mit Gott, bitte nicht. Um Himmels und der Erde Willen hör nicht auf mit dem Schenken. Werde Mensch!“

 

Sich an Weihnachten etwas zu schenken, das hat seinen Grund im Fest selbst. An Weihnachten geht es um ein Geschenk, das den Menschen sozusagen von höchster Stelle ins Herz gelegt ist. In den Sinn. In die Seele. Nicht verpackt. Sondern pur. Zerbrechlich – und kraftvoll zugleich. Ein Geschenk, an dem sich die Hoffnung festmacht: Es kann anders werden. Nichts muss bleiben wie es ist.

Von höchster Stelle ist ein Geschenk in die Herzen, Sinne und Seelen gelegt – das zeigt: So bist du, Mensch: angewiesen auf andere, hungrig, durstig, schutzbedürftig, kräftig, lustvoll, lebendig.

In der Krippe, in der Wiege – da sind alle Menschen gleich. Gleich angewiesen. Noch unterscheidet sie weder Status noch Kleidung noch Beruf noch Geldbeutel. Und Gott mit und in allen. Leuchtet in die Seelenwinkel, wärmt das Herz, macht die Seele stark. Macht Lust und Hoffnung auf Frieden. Das ist das größte Geschenk.

 

Weihnachten ist eine Erinnerung daran, wie dieses Geschenk in die Welt gekommen ist. Auf dieses Geschenk hatten schon damals alle so lange gewartet. Es war eine unfriedliche Zeit. Und man dachte: Gott wird uns einen schenken, der räumt auf, der macht Schluss mit Krieg, Korruption, Gewalt und Flucht und wird ein Friedensreich errichten.

 

Und dann kam das Geschenk. Jesus – Gott selbst - in der Krippe. Etwas war jetzt anders. Menschen rückten zusammen. Sie hatten ein gemeinsames Ziel: Frieden - in den Herzen und in der Welt. Frieden – der ohne Gewalt kommt. Frieden, dessen Fundament Gerechtigkeit ist und Liebe. Diese Liebe zu allen, die den Frieden erst möglich macht – die einander näher rückt, wie fremd Menschen sich auch sind. Liebe, die zu Geschwistern macht, das ist das Geschenk. Diese Liebe ist Gottes Botschaft an alle Menschen.

 

So ist ein Geschenk zum Weihnachtsfest auch nicht einfach ein Gegenstand. Ein Geschenk ist eine Botschaft. Deshalb ist es nicht so wichtig, noch schnell durch die Stadt zu hetzen und auf den letzten Drücker viel Geld auszugeben. Denn: Das beste Geschenk, das ist schon da. Liegt schon sicher und warm in aller Herzen.

 

Der Dichter Hans-Joachim Ringelnatz hat sich auch einmal sehr den Kopf über das richtige Geschenk zerbrochen. Und kam dann zu einer einfachen und doch ganz weihnachtlichen Lösung:

Zu einem Geschenk
Ich wollte dir was dedizieren,

Nein schenken; was nicht zuviel kostet.

Aber was aus Blech ist, rostet,

Und die Messinggegenstände oxydieren.

Und was kosten soll es eben doch.

Denn aus Mühe mach ich extra noch

Was hinzu, auch kleine Witze.

Wär’ bei dem, was ich besitze,

Etwas Altertümliches dabei –

 

Doch was nützt dir eine Lanzenspitze!

An dem Bierkrug sind die beiden

Löwenköpfe schon entzwei.

Und den Buddha mag ich selber leiden.

Und du sammelst keine Schmetterlinge,

Die mein Freund aus China mitgebracht.

(…)

 

Ach, ich hab die ganze letzte Nacht

Rumgegrübelt, was ich dir

Geben könnte. Schlief deshalb nur eine,

Allerhöchstens zwei von sieben Stunden,

Und zum Schluss hab’ ich doch nur dies kleine,

Lumpige beschissne Ding gefunden.

Aber gern hab’ ich für dich gewacht.

Was ich nicht vermochte, tu du’s: Drücke du

Nun ein Auge zu.

Und bedenke,

Dass ich dir fünf Stunden Wache schenke.

Lass mich auch in Zukunft nicht in Ruh.

(Aus: Joachim Ringelnatz, Allerdings. Gedichte. Berlin, Ernst Rowohlt 1928)

 

Das richtige Geschenk – das ist eine Botschaft, die von Herzen kommt und zu Herzen geht. Und: Es hängt nicht der ganze Weihnachtsfriede daran, an dem Geschenk, das ich gebe oder bekomme. Denn: Ein Geschenk, das größte, ist längst da. Das Kind in der Krippe. Gott – bei den Menschen.