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Die Sendung zum Nachlesen:
Sie zünden ein Feuer an. Im Hof. Wie immer. Es ist abends. Und Petrus, der Jünger von Jesus, setzt sich dazu, ans Feuer, mitten unter die anderen. Es ist für alle ein liebgewordenes Ritual: am Feuer sitzen, zur Ruhe kommen, nachdenken, still werden, achtsam sein für die Geräusche drumrum, für das Knistern, die Stimmen aus der Ferne, für den Atem im eigenen Körper.
Ich sitze täglich an meinem Feuer. Es brennt morgens, so zwischen 6 und 7. Mein Feuer ist eine Kerze, an einem festen Platz in meiner Wohnung, an dem ich nur das tue: vor der Flamme der Kerze sitzen, meditieren, mich sammeln, meinen Körper wahrnehmen, auf meinen Atem achten, etwas singen, ein Wort aus der Bibel oder der geistlichen Tradition lesen und dann still werden: Jetzt bin ich da vor dir, mein Gott.
Meditieren ist kein Wellness und kein Luxus. Wenn ich meditiere, in der Stille bin, dann kommen mir Gedanken und Stimmen wie die Rauchschwaden eines Feuers. To-Do-Listen, Antreiber wie: „Das musst du spätestens morgen erledigen“, „Hast du die Mail schon beantwortet?“, „Irgendwelche neuen Nachrichten auf Signal oder Insta?“. Da kommen in mir Stimmen von Leuten hoch, die mich geärgert und verletzt haben. Und manchmal auch die Stimmen in mir. „Schaff ich das?“, „Bin ich gut genug“, „Hab ich mich richtig entschieden?“ „Was ist, wenn…?“. Die Gedankenschleife ist endlos. Meditieren ist schwer. Stille muss man üben.
Petrus sitzt am Feuer. Und er hört Stimmen. „Bist du nicht auch einer von diesen Anhängern von Jesus, den sie verhaftet haben?“ „Nein, ich bin‘s nicht.“ „Bist du nicht einer von denen?“ „Nein, ich weiß nicht, was du meinst.“ Es sind Stimmen, die von außen kommen und im Inneren weiterklingen. Wer bist du eigentlich?
Diese Geschichte in der Bibel wird die Verleugnung des Petrus genannt. Für mich ist sie eine Meditationsgeschichte. Petrus meditiert: Wer bin ich eigentlich? Und wer ist dieser Jesus für mich?
Der Hahn kräht – und dann geschieht etwas. In der Bibel steht es so: „Der Herr wandte sich um und sah Petrus an.“ Der Herr, das ist Jesus, der bislang in der Geschichte gar nicht da ist. Er ist da, plötzlich, für einen Moment, aufgeploppt aus der Welt des Inneren. Petrus fühlt, dass er gesehen wird, von innen. Dass er dem Göttlichen ganz nahe ist. Und Petrus weint.
Mich berühren diese Gefühle des Petrus, denn ich kenn das auch. Da kommen mir beim Meditieren die Tränen. Da packt mich etwas so. Ein Gefühl, eine Stimme, ein Gedankenfetzen oder was ganz anderes – und dann ist da …. Ein heiliger Moment. Sekundenkurz, sekundenlang. Ich spüre: Christus ist da. Gott sieht mich. Ich bin jetzt vor dem Ewigen, vor dem Heiligen, als der Mensch, der ich bin, zerstreut, überfordert, nicht bei der Sache, wenn‘s um Gott geht, mit den Gedanken irgendwo anders, leicht ablenkbar, nicht immer ein Genie bei dem, was ich tue, auch nicht in Sachen Meditation.
Ich bin da vor Gott mit der Geschichte meines Lebens, mit den Jahren, Tagen und Lebensphasen, mit den Wunden, die wehtun, mit den Abgründen, in die ich nicht reinschauen mag, mit meiner Erschöpfung durch Job und Familie, durch die täglichen Nachrichten. Gott ist da und sieht mich jetzt an, mit meiner Sehnsucht nach Heilung und Heil, nach Liebe und Gelingen, nach Erholung für Leib und Seele.
Am Feuer sitzen oder wie ich vor einer Kerze, meditieren heißt nicht einfach gleich Gott begegnen. Am Feuer sitzen heißt erst mal: mir selbst begegnen und auch all den Seiten an mir, die ich grad beim Meditieren und Beten gar nicht da haben möchte, die ich gerne verleugne.
Am Feuer sitzen, meditieren, das ist Annehmen, dass ich so bin, wie ich bin. Und warten und hoffen, dass vielleicht etwas geschieht, vielleicht auch nicht, vielleicht heute. „Liebende Begegnung“, so hat es meine Meditationslehrerin genannt. Liebende Begegnung. Christus ist da und schaut mich an.
Es gilt das gesprochene Wort.