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So erlebt ein Protestant den katholischen Feiertag Mariä Himmelfahrt.
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Benediktinerabtei Münsterschwarzach östlich von Würzburg. Ich bin dort für ein paar Tage zu Gast. Und ich bin gern bei den Stundengebeten der Mönche dabei. Morgens um 6:30 beginnen die Laudes, das Morgenlob. An einem Morgen wird aus einem anderen Gesangbuch als sonst gesungen, denn: Heute ist ein besonderer Tag, ein Marienfeiertag, der mir als evangelischem Menschen erstmal fremd ist.
Ich bleibe trotzdem dabei und singe die Psalmen mit. Das Besondere an diesem Tag sind die Antiphonen, die Rahmenverse, die zu Beginn und zum Schluss eines Psalms gesungen werden.
Sie sind heute Maria gewidmet, der Mutter von Jesus. In poetischen Bildern wird sie in den Antiphonen angeredet: "Sei gegrüßt, du Vorspiel der Wunder Christi, du Vorspiel unserer Auferstehung. Sei gegrüßt, du Acker, der makellose Frucht trägt. Du Land der Verheißung. Sei gegrüßt, du Thron unseres Königs, du Zelt des ewigen Wortes. Der Himmel öffnet sich in dir."
Mich berühren diese Bilder. Sie eröffnen mir einen neuen Zugang zu Maria von Nazareth. Maria – ein Acker, in dem verborgen etwas wächst, das mich nährt. Von dem ich lebe. Ich lebe nicht vom Acker, ich lebe von der Frucht. Die Frucht, damit ist Jesus Christus gemeint.
Mir fällt an diesen Bildern auf: Maria hat eine besondere Bedeutung und doch bleibt sie im Hintergrund. In der Bibel hat Maria verschiedene Seiten. Sie kann auch laute Töne anschlagen. Sie drängelt schon mal und redet ihrem erwachsenen Sohn drein: Mach mal ein Wunder. Lehr nicht so viel, komm lieber heim zu deiner Mutter und deinen Geschwistern. Und einmal wollen Menschen Maria auf ein Podest heben und sagen zu Jesus: "Glücklich der Schoß, der dich getragen hat, und die Brust, an der du dich genährt hast." Jesus ist da zurückhaltend.
Und Jesus setzt seiner Mutter auch Grenzen. Einmal fährt er sie an: "Was willst du, Frau? Meine Stunde, ein Wunder zu tun, ist noch nicht gekommen. Meine Familie, das ist nicht meine Mutter und sind nicht meine Geschwister. Das sind die Frauen und Männer, die auf Gott hören." Kein einfacher Sohn. Schon als Zwölfjähriger sagt er seiner Mutter ins Gesicht: Stopp! Ich muss da sein, wo mein Vater ist. Damit meint Jesus Gott, den er Vater nennt.
Das Gottesbild von Jesus, sein Glaube an Gott ist sicher auch durch die Auseinandersetzung mit seiner Mutter und seinem Vater Josef geprägt worden. Bei mir und bei vielen, die ich kenne, ist das ähnlich: Wer Gott für mich ist, ob ich Gott Vater oder auch Mutter nennen kann, dabei schwingen meine Erfahrungen mit meiner Mutter und meinem Vater mit.
Ich stelle mir vor: Josef und Maria haben ihrem Sohn Jesus das Beten beigebracht, die Psalmen, die bis heute Frauen und Männer, Jüdinnen und Christen, Mönche und Nonnen beten und singen.
So wie die Mönche in Münsterschwarzach, die von Maria singen: Der Himmel öffnet sich in dir. Dieses Bild kann ich auch auf mein Leben und auf das meiner Mitmenschen beziehen: Der Himmel öffnet sich in dir. Was dein Leben zusammen hält und trägt, findest du nicht im Außen. Das Heilige ist verborgen. Das Himmelreich ist im Inneren, in der Tiefe deines Lebens schon da.
Katholische und orthodoxe Christen feiern heute den Todestag Mariens, manche nennen das auch Mariä Himmelfahrt.
Mich als evangelischen Menschen lässt das an meine verstorbenen Eltern denken, was ich ihnen verdanke und was ich auch durch Konflikte von ihnen gelernt habe. Und ich denke an Jesus und glaube: Dort wo er ist, in Gott, sind jetzt auch seine Mutter Maria, sein Vater Josef, meine Eltern und die vielen anderen geliebten Kinder Gottes. Ihr alle seid auf ewig dort, wohin auch ich unterwegs bin. Und manchmal ist es jetzt schon da: Der Himmel ist in dir.
Es gilt das gesprochene Wort.