Into the Wild

Morgenandacht
Into the Wild
09.02.2015 - 06:35
23.02.2015
Pfarrer Jörg Machel

Wieder bestimmt die Berlinale den Takt von Berlin. Ich bin gespannt auf die neuen Filme und erinnere mich an Filme, die mich fasziniert haben.

 

Was ist das wahre, sinnerfüllte Leben? Wo kann man ihm begegnen? Das sind durchaus religiöse Fragen, die manche mit kluger Karriereplanung, andere mit der Sehnsucht nach einem Gottesstaat beantworten. Jede Generation hat das Recht auf Glück und Sinn im Leben. Aber wo findet man es, wie vermeidet man Irrwege? Der Film „Into the Wild“ stellt sich diesen Fragen:

Christopher ist ein junger Mann, dem alle Verheißungen des „American Way of Life“ zu Füßen liegen. Er kommt aus gutbürgerlichen Verhältnissen. Er ist ein erfolgreicher Student, ein guter Sportler und hat einen gewinnenden Charakter. Das Geld für die Eliteuniversität ist angespart, so dass dem nächsten Schritt auf der Karriereleiter nichts entgegensteht. So jedenfalls denken es sich seine Eltern.

 

Doch die täuschen sich. Alles in Christopher sträubt sich gegen den vorgezeichneten Weg in eine Gesellschaft, die er zutiefst ablehnt. Er hat hinter die Kulissen geschaut. Er weiß, dass der äußere Erfolg seiner Eltern das wirkliche Elend ihres Lebens nicht zu übertünchen vermag. Er kennt ihre Gehässigkeit, weiß um ihre Ängste und durchschaut ihren Selbstbetrug. Er misstraut den Sicherheiten, nach denen sie streben.

 

Christopher lehnt nicht nur das Auto ab, mit dem seine Eltern ihn zum bestandenen Examen beschenken wollen. Er spendet all seine Rücklagen der Wohlfahrt und macht sich ohne jede Absicherung auf eine Reise in die unbekannte Welt, in der die Gesetze des Geldes nicht gelten.

 

Dabei begegnet er Menschen, die ihm einen Vorgeschmack auf ein Leben ohne Konkurrenz geben:

Zwei alternden Hippies, einem frühreifen Mädchen, einem Armeeveteranen.

 

Doch seine Träume sind radikaler. Noch sucht er nicht die Gemeinschaft der Menschen. Wie Buddha und auch Jesus sucht er erst einmal die Einsamkeit in der Wildnis. Er zieht weiter nach Alaska. In den unendlichen Weiten des Nordens hofft er die ursprüngliche, grenzenlose Freiheit zu finden, in der Einsamkeit der rauen unverfälschten Natur.

 

Mit Büchern von Leo Tolstoi und Jack London im Gepäck sucht Christopher nach letzter Wahrheit, die keine Kompromisse kennt. Ein Satz in seinem Tagebuch deutet an, dass er die Richtung ahnt, in der er suchen muss. Christopher schreibt: „Das Glück ist nur Glück, wenn man es mit jemandem teilen kann!“ In der Einsamkeit seiner Suche entdeckt er die Bedeutung der Liebe für ein erfülltes Leben.

 

Doch die Geschichte dieses Aussteigers endet tragisch. Den Strapazen der Wildnis ist er nicht gewachsen. Jäger finden seinen ausgemergelten Leichnam.

 

Übrig geblieben sind seine Tagebuchaufzeichnungen, nach denen der Film „Into the Wild“ gedreht worden ist. Ein Film, der davon erzählt, dass einer mehr wollte vom Leben als nur Spaß und Wellness. Christopher hat sich selbst riskiert, um die Wahrheit zu finden – er war, so kann man durchaus sagen, auf der Suche nach dem „Reich Gottes“.

 

Jesus wird von einem jungen Mann gefragt, wie er das ewige Leben finden kann und bekommt zu Antwort, dass er sich an die Gebote Gottes halten soll. Als dem das nicht reicht, rät Jesus ihm, all seinen Besitz zu verkaufen.

 

Christophers Geschichte vermittelt einen Eindruck davon, was es heißt, alle Sicherheiten hinter sich zu lassen, um radikal nach Grund und Ziel des eigenen Lebens zu suchen. Dabei hat er seine physischen Kräfte überschätzt.

 

Das Fazit in seinem Tagebuch aber ist von großer Einfachheit und bleibt gültig auch über das Scheitern hinaus: „Glück ist nur Glück, wenn man es mit jemandem teilt.“

23.02.2015
Pfarrer Jörg Machel