Verwegen

Blick in den Himmel durch eine langes, dunkles Rohr

Bild: Gemeinfrei via unsplash.com (Sharosh Rajasekher)

Blick in den Himmel durch eine langes, dunkles Rohr

Verwegen
Gedanken zur Woche mit Ulrike Greim
05.04.2019 - 06:35
07.02.2019
Ulrike Greim
Über die Sendung

Brexit - ein internationales Desaster. Zeit, zu fasten und sich zu besinnen - meint Ulrike Greim. Verwegen? Nein. Sondern ein Weg, über sich hinaus zu träumen. Von sich ab und auf Gott zu sehen, der Frieden und Versöhnung will.

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Was für eine verfahrene Situation! Ein so starkes Land wie Großbritannien hat keinen Plan, wie es nächste Woche dastehen wird: Womöglich im Chaos. Am 12. April, so der momentane Stand, könnte – im ungünstigen Fall – das Land ohne Abkommen aus der EU ausscheiden.

Kaufen Sie sich Nudeln und Mehl, rät einer im Fernsehen, legen Sie sich Vorräte an. Andere sagen: Keep calm and carry on. Halte mal den Ball flach, irgendwie wird das schon.

In den Debatten im Unterhaus war verblüffend häufig von der heftigen Verantwortung zu hören, die auf den Abgeordneten liegt, von der Bereitschaft, nun endlich die eingefahrenen Positionen zu überdenken und sich aufeinander zuzubewegen. Genützt hat es nichts. In dieser Woche stehen unsere britischen Freundinnen und Freunde in einem Desaster.

Welche Führungsqualitäten braucht es jetzt? Viele wünschen sich die übliche starke Hand, die sie Theresa May nicht zutrauen. Andere sehnen sich nach mehr Teamgeist, nach der Fähigkeit, die zerstrittenen Lager an einen Tisch zu bringen, besonnen und mit Engelsgeduld. Nicht in den bisherigen Mustern zu argumentieren, sondern out of the box zu denken, jenseits der Schubladen.

Für solch ein nationales wie internationales Desaster gibt es keine Vorbilder, keine Muster. Wie kann es gelingen herauszufinden, welches die richtigen Schritte sind?

In der Bibel schickt Gott gelegentlich Träume, die den richtigen Weg zeigen. Und manchmal muss er noch den Traumdeuter hinterherschicken, damit klar wird, was er meint.

Manchmal schickt er Propheten. Sie sind meist nicht sehr beliebt.

Manchmal schickt er Himmelzeichen, eine Wolkensäule für das Volk, das durch die Wüste wandert, nachts eine Feuersäule.

Wurde so etwas bei den Briten beobachtet? Nicht, dass ich wüsste.

Aber was machen in den biblischen Erzählungen Einzelne, die vor schweren Entscheidungen stehen?

Sie gehen in sich, sie ziehen sich zurück, sie beten, sie fasten.

Daniel zum Beispiel, der Prophet. Unter fremder Herrschaft von Nebukadnezar beugt er sich nicht dem königlichen Diktat. Er geht auf strenge Diät, er und seine Freunde. Gemüse und Wasser. Und als großes Unheil droht, da ist es Daniel, der den kühlen Kopf hat und den Alptraum des despotischen Königs in die richtigen Bahnen zu lenken weiß und so das Unheil abwendet.

In Ninive fastet gar die ganze Stadt. Der drohende Untergang bleibt daraufhin aus.

Jesus selbst zieht sich 40 Tage lang zurück um zu fasten. Er ringt mit dem Teufel, er wird hart konfrontiert mit Sehnsüchten und scheinbar riesigen Chancen. Und er findet heraus, was er um Gottes Willen nicht tun darf. Er findet heraus, worum es im Kern geht. So weicht der Teufel. Und als Jesus aufhört zu fasten, da beginnt sein öffentliches Wirken.

 

Kirchlich gesehen würde das passen: Es ist Fastenzeit.

Gelegenheit, zu fragen, worum es im Kern geht. Was unsere Sehnsucht ist. Und welche Optionen um Gottes und der Menschen Willen abgelehnt werden müssen.

Ganz schön verwegen, nicht?!

Das Unterhaus fastet, um von Gott einen Plan für den richtigen Weg zu bekommen. Was für eine Schlagzeile! Nicht auszudenken! In Downing Street: Schweigen und Beten für die kluge Idee. Ganz London macht halblang, schaltet mal die laute Musik ab und das Fernsehen aus, um zu lauschen. Gibt es einen guten Weg für das Land? Für die Menschen, hier und dort?

Tories, Labour und Co gehen auf Diät, Gemüse und Wasser, um im richtigen Moment hellwach zu sein. Das wäre mal was! Aber hallo!

Boris Johnson ringt mit dem Teufel um am Ende zu wissen, welches seine Berufung ist.

Ich würde sofort die britische Staatsangehörigkeit beantragen.

Das Fasten täte uns EU-Europäern genauso gut: Geduldig den Reflexen widerstehen, nicht bockig reagieren, sondern ebenfalls suchen, was dem Frieden dient.

Dies ist die Zeit für die Sensitiven, nicht für die Machtmenschen. Wer träumt über sich hinaus? Wer sieht von sich ab, um die Zeichen der Zeit zu deuten? Tretet vor! Werdet erkennbar! Ihr, die ihr ernsthaft sucht, was der Gott des Friedens will.

 

Haben Sie eine Idee? Sprechen Sie mit mir darüber. Auf Facebook unter „Evangelisch im Deutschlandradio“.

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

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07.02.2019
Ulrike Greim