Zeit für Kinder

Gedanken zur Woche

Gemeinfrei via unsplash/ Artem Kniaz

Zeit für Kinder
Was jetzt notwendig ist
28.05.2021 - 06:35
27.05.2021
Ulrike Greim
Über die Sendung

Die Gedanken zur Woche im DLF.

Sendung zum Nachhören
Sendung zum Nachlesen:

Kinder sind eine Gabe Gottes.

Wissen das alle, die gerade in dieser Woche Politik für sie machen?

Die Kinder gehören gehört. Die Aufgabe von uns Erwachsenen ist es, sie wahrzunehmen.

 

Luca zum Beispiel ist acht und hat inzwischen mehr Zeit im Homeschooling verbracht als in der Schule. Er findet das gar nicht so schlimm. Er kennt es halt so. Als die Mutter ihm sagt, dass die Schule wieder in Präsenz losgeht, freut er sich, weil da viele andere Kinder sind. Doof ist, dass die Kuschelpausen mit Mama dann wegfallen.

 

Jonas ist 10. Er kennt es anders. Er findet es anstrengend, dass gerade alles nicht stattfindet, was Spaß macht. „Versuch mal digital zu fechten“, sagt er. „Geht nicht“. Er ist depressiv geworden. Die Eltern haben ihm einen Kumpel aus der Nachbarschaft organisiert, damit er wenigstens einen Freund hat zum Trampolinspringen.

 

Eric ist 14 und hat niemanden, mit dem er sich kabbeln kann. Nur die Eltern, na prima. Er zieht sich in sein Zimmer zurück und spielt Computer.

 

Kinder sind eine Gabe Gottes. Sie haben Zugang zum Himmelreich, sagt Jesus.


Anna, 16, sagt: Im Lockdown lernt man sich selber besser kennen, weil man sich mit sich selbst auseinandersetzen muss. Viele andere schaffen das nicht, sacken in sich zusammen, scrollen stundenlang auf Instagram, YouTube und TikTok. Zwei Mitschülerinnen haben jetzt eine Essstörung. Die wollen dadurch irgendwie Kontrolle bekommen, sagt sie. Und hofft, dass sich das wieder gibt.

 

Kinder sind eine Gabe Gottes. Sie haben den Himmel im Herzen, bis er sich ihnen verdunkelt.

 

Depressive Verstimmungen, wie es Fachleute aus der Kinder- und Jugendpsychologie mittlerweile jedem dritten Kind attestieren, hat Anna auch an sich selbst festgestellt. Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, viel Müdigkeit. Aber: „Ich bin auch dankbar, dass ich gesund bin“, sagt sie. „Und weiß jetzt: Das ist nicht selbstverständlich. Gerade, wenn man die Bilder aus anderen Teilen der Welt sieht. Ich bin dankbar, dass ich alles habe, was ich brauche.“

 

Kinder sind eine Gabe Gottes und eine Aufgabe.

 

Denn manche Kinder sind in dieser digitalen Zeit unsichtbar geblieben. Ihr Dorf hat schlechtes Netz, die Familie nur einen Laptop. Und sie: Handys, die nicht wirklich taugen für die Videokonferenzen. Unerreichbar für die Lehrerinnen.

 

Noch viel schlimmer hat es die getroffen, die Opfer perverser Männer wurden, und es sind meistens Männer. Die Kriminalstatistik, die vorgestern veröffentlicht wurde, zeigt, dass Kinderpornografie im vergangenen Jahr um 53% zugenommen hat. 53%! Das ist nur, was bekannt ist.

Gott erbarme Dich!

 

Kinder sind eine Gabe Gottes. Wehe, wer ihre Grenzen übertritt. Im Mindesten soll ihn die Härte des Gesetzes treffen. Hier hat der Staat eine echte Aufgabe. Die Zahl der Ermittler aufstocken, zum Beispiel.

 

Und: investieren in Sozialarbeit. Das tut die Bundesregierung zum Teil auch mit ihrem Zwei-Milliarden „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona“ (1). Hört sich viel an, das sind aber nur 150 Euro pro Kind.

 

Ein Viertel der Schülerinnen und Schüler hat Lernrückstände. Nun gibt es Geld für Nachhilfe und Förderunterricht. Kinder sollen aufholen können.

 

Doch schulische Lücken füllen – das sollte nicht vornan stehen.

Denn die Jugendlichen sagen es sehr klar: Es nervt total, dass Lehrerinnen und Lehrer jetzt so viel nachholen wollen, Zensuren produzieren. Das stresst. Zeit zum Reden wäre besser.

 

Kinder sind eine Gabe Gottes. Ein kostbares Geschenk. Keine Lernmaschinen.

 

Bitte nehmt Druck aus dem Kessel, so sagte es in dieser Woche die Kinderpsychologin Elisabeth Raffauf (2). Hört den Kindern zu. Was braucht ihr gerade? Was fühlt ihr?

Zitat: „Vielleicht ist nicht der Lernstoff, der im Lernplan steht, gerade das Wichtigste, sondern vielleicht ist gerade wichtig, was wir gelernt haben: Man kommt auch durch eine Krise.“

Und das, finde ich, sollten die Kinder jetzt auch spüren dürfen. Statt Nachsitzen und Aufarbeiten mehr gesellig sein, kreativ sein, bewegen. Damit der Himmel in ihren Herzen wieder hell wird und wir mit ihnen das Leben neu entdecken können.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

(1) https://www.bmbf.de/de/kinder-und-jugendliche-nach-der-corona-pandemie-staerken-14371.html

(2) https://www.deutschlandfunk.de/kinderpsychologin-gegen-lernstandserhebungen-lernplaene.694.de.html?dram:article_id=497824

 

 

Weitere Infos

27.05.2021
Ulrike Greim