Engelskuss

Morgenandacht
Engelskuss
Morgenandacht von Stephan Krebs
20.08.2019 - 06:35
13.06.2019
Stephan Krebs
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Lukas Bärfuss schaut in menschliche Abgründe. Darüber schreibt der 47jährige Schriftsteller aus der Schweiz Bücher. Engagiert, kritisch und mit klarem Blick in die Tiefe. Umso verwunderlicher ist, wie Lukas Bärfuss reagiert hat, als er hörte: Er bekommt in diesem Jahr den Georg-Büchner-Preis. Das ist der renommierteste Literatur-Preis in Deutschland. Vergeben wird er von der Deutschen Gesellschaft für Sprache und Dichtung. Bärfuss reagierte mit diesem Satz: „Das ist der Engelskuss, der einen da trifft.“

 

Damit wollte er offenbar ausdrücken, wie überrascht er war. Und zugleich wie sehr er sich darüber gefreut hat. Wie dafür angemessene Worte finden? Da müssen offenbar selbst bei einem so begnadeten Schriftsteller wie ihm die Engel ran. Himmlische Wesen – Boten Gottes, wie sie im Kreuzworträtsel umschrieben werden.

 

Was Lukas Bärfuss mit dem Engelskuss, mit seinem literarischen Arbeiten überhaupt versucht in Worte zu fassen, kennen andere auch. Manchmal erlebt und empfindet man etwas, das reicht über diese Welt hinaus, dafür ist der Horizont einfach zu eng und der Wortschatz zu klein: unendliche Freude, unerträgliches Leid, totales Staunen, unstillbare Sehnsucht, übermenschliche Hoffnung.

 

Das sind Empfindungen, die sich kaum in Worte fassen lassen. Die Sprache versucht es dennoch. Mit Redewendungen wie „Das ist ja unglaublich!“ Oder „Einfach himmlisch!“ Oder einfach nur ganz kurz: „O Gott“.

 

Solche Redewendungen umschreiben Grenzerfahrungen. In ihnen erlebt man ganz hautnah, dass das Leben in dieser Welt nicht aufgeht. Es reicht über den Horizont des Beweisbaren hinaus. Wer das erkennt, hat den ersten Schritt in die religiöse Tiefendimension des Lebens getan. Darin erscheint das eigene Leben in einem anderen Licht.

 

Die Frage drängt sich auf: Was ist in dieser Tiefendimension zu finden? Eine Antwort lautet: Da gibt es etwas, das steht hinter allem und über allem. Es ist die Quelle aller Ideen und es ist der Ausgangspunkt aller Existenz. Wer das so sieht, ist den zweiten Schritt gegangen: Der hat Gott entdeckt und damit einen Bezugspunkt für den Sinn des Lebens gefunden.

 

Dabei drängt sich die Frage auf: Hat dieser Gott auch Empfindungen? Interessen? Gefühle? Oder ist Gott alles egal? Eine Antwort lautet: Gott ist an seiner Schöpfung interessiert und wünscht ihren Fortbestand. Gott schaut nicht teilnahmslos zu, wie es auf der Welt zugeht, wer leidet, wer stirbt, wer liebt und wer lebt. Wer das so sieht, hat den Gott der Bibel entdeckt. Das ist mutig, denn die Welt ist voller Leid, Elend, Gewalt und Tod. Da gibt es viele Gründe an diesem Gott der Liebe zu zweifeln.

 

Deshalb drängt sich die Frage auf: Gibt es für die Liebe Gottes Beweise? Eine Antwort darauf lautet: Ja, denn Gott hat sich zum Teil der Schöpfung gemacht. Gott lässt sich erleben in Pflanzen, Tieren und in den Menschen. Gott ist sogar selbst menschlich geworden. In Jesus Christus zeigt Gott, wie ernst es ihm ist mit seiner Liebe und mit seinem Mitgefühl. Gott lebt wie ein Mensch und stirbt wie ein Mensch. Zuletzt aufersteht er in den Himmel. So macht Gott sichtbar: Das Leben reicht über diese Welt hinaus.

Wer das für sich gelten lässt oder zumindest gelten lassen möchte, hat Christus entdeckt. Das ist ein weitreichender Schritt, denn von nun an geht es darum, sich an Jesus Christus ein Vorbild zu nehmen. Also selbst einzustehen für die Liebe Gottes in der Welt.

 

Zum Christsein führen also vier Schritte:

Als erstes erkenne ich: Mein Leben geht in dieser Welt nicht auf. Es reicht weiter.

Zweitens erahne ich: Es gibt eine Macht, die hinter allem und über allem steht. Das ist Gott.

Als drittes rechne ich damit: Gott hat etwas vor. Gott liebt mich, die anderen, die Welt, die gesamte Schöpfung.

Schließlich sehe ich viertens: Gottes Liebe nimmt in Jesus Christus Gestalt an. In ihm definiert Gott neu, was menschlich ist.

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.

13.06.2019
Stephan Krebs