Gegenan glauben: Stärker als der Tod

Morgenandacht
Gegenan glauben: Stärker als der Tod
15.04.2020 - 06:35
30.01.2020
Claudia Aue
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Gestern Abend haben wir die letzten Ostereier wieder aus den Zweigen genommen und in den Kartons verstaut. Ein paar Schokoladeneier liegen noch vereinsamt in der Schüssel auf dem Wohnzimmertisch. Sonst gibt es kaum noch Spuren von Ostern. Das Fest ist vorbei. Dieses andere Osterfest. Ein Fest, bei dem die Angst stärker war als die Freude. Eine Osternacht allein zuhause. Wir haben nicht in der Kirche gesungen und gebetet, nicht gemeinsam mit anderen auf den Ostermorgen gewartet und dann das „Christ ist erstanden“ gesungen.

Wir waren als Familie zuhause. Haben versucht, alles so normal wie möglich zu gestalten – Ostergeschichte, Eier-Suchen, Osterfrühstück - und das alles zugleich mit einem mulmigen Gefühl: Wie wird es in den Wochen nach Ostern sein? Wie werden wir in einem Jahr Ostern feiern? Wir wissen es nicht.

Gestern Abend, beim Einpacken sind mir auch die Ostersteine auf der Fensterbank noch einmal in die Hände gefallen: Das war eine Aktion der Kirche, wochenlang wurden Steine bemalt und sozusagen „ausgesetzt“: im Park und am Strand, im Wald, an Spazierwegen. Auf der Vorderseite sind Bilder zu sehen, liebevoll gemalte Kreuze, Herzen, Muster. Auf der Rückseite der Hashtag #stärkeralsdertod oder der Hashtag #hoffnunghamstern – „denn Osterhoffnung haben wir nötiger denn je“ (1). Die Steine sollen Hoffnung ins Rollen bringen. Man sieht im Netz, wie viele dieselbe Hoffnung teilen – die Osterhoffnung: Die Liebe ist stärker als der Tod. Man sieht Menschen, die gemalt haben und Menschen, die gefunden haben. Wie eine Flaschenpost.

Wir haben die meisten unserer Steine auch verteilt. Einen haben wir auch gefunden – einen leuchtenden mit einem dicken orange-Herz. Und der liegt jetzt noch neben ein paar eigenen auf der Fensterbank. Ich habe keine Ahnung, wer unsere Hoffnungssteine gefunden hat und ob sie den – oder diejenigen etwas aufgemuntert haben. Auf Facebook konnte und kann man sich ja darüber austauschen.

Mich erinnern die Ostersteine an das, was auch von diesem Osterfest weiter strahlt: Menschen haben sich verbunden, Ostern gefeiert - und Ideen ausgetauscht, wie man trotz aller Corona-Sorgen Glauben leben kann. Sie haben sich ausgetauscht, wie man gegenan glauben kann. Und sie bleiben fest miteinander verbunden.

Die Ostersteine sind eines dieser „Gegenanglauben-Projekte“. Und davon gab und gibt es viele: Mut zugerufen hat mir in den vergangenen Wochen auch mein Freund Martin – obwohl er über 600km entfernt wohnt. Jeden Morgen hat er ein anderes Herzenslied oder einen Herzensvers gepostet – per Video. Jeden Morgen, wenn er mit seinem Hund unterwegs ist. Gesungen oder gesprochen. Im Hintergrund die aufgehende Sonne. Mal traurig, mal nachdenklich - mal voller Hoffnung. Darauf freue ich mich morgens schon, wenn ich das Handy in die Hand nehme. Und für mich sind es auch die Momente, wenn ich unsere Nachbarin sehe – die 80-Jährige mit dem Schweizer Akzent – wie sie jeden Tag harkt und fegt. Über den Zaun kann man ungefährlich mit ihr schnacken. Sie sei zwar einsam, aber hätte doch Glück, mit ihrem Garten und so, sagt sie. –

Die Ostersteine mit den Worten „stärkeralsdertod“ räume ich noch nicht weg. Ich lasse sie auf der Fensterbank liegen. Auch über Ostern hinaus will ich hoffen für die, die besonders vom Virus gefährdet sind. Die Osterhoffnung lässt sich nicht einfach einmotten. Ich möchte mit denen trauern, die jemanden verloren haben und für die beten, die erkrankt sind. Mit anderen zusammen und mit der Hoffnung im Rücken aus der alten Geschichte, die wir Ostern wieder gelesen haben:

Die Geschichte von Maria und Salome, die den toten Jesus im Felsengrab salben wollten. Ganz früh am ersten Wochentag kamen sie dorthin. Die Sonne ging gerade auf. Sie wussten nicht, wer ihnen den Stein vom Grabeingang wegrollen kann. Doch als sie ankamen, sahen sie, dass der große, schwere Stein schon weggerollt war. Sie gingen in die Grabkammer hinein. Das Grab war leer. Und sie sahen einen jungen Mann dort sitzen, der ein weißes Gewand trug… (Markus 16,1ff).

Diese Geschichte gibt Kraft. Der Tod hat nicht das letzte Wort und die Felsbrocken werden weggerollt.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

(1) FB Ostersteine.

30.01.2020
Claudia Aue