Ist das denn gerecht?

Ist das denn gerecht?
16.06.2016 - 06:35
27.12.2015
Pfarrerin Angelika Obert

 

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Wer glaubt denn noch im Ernst, dass es gerecht zugehen könnte auf der Welt? Das war noch nie so und wie soll es je so werden? Immer gibt es welche, die maßlos reich sind und Viele, die gerade knapp über die Runden kommen. Es gibt Menschen, die relativ ausgeruht bombastische Einkünfte beziehen und Andere, die sich für geringe Löhne kaputt machen. Und wenn auch gesagt wird, die Höchstverdiener hätten ja auch viel mehr Kompetenz und Verantwortung und müssten rund um die Uhr arbeiten – so viele Stunden hat der Tag ja gar nicht, wie sie mehr verdienen als die normalen Arbeitnehmer. Und wenn man Kompetenz und Verantwortung ernstlich messen wollte – da sähe mancher Groß-verdiener wohl blass aus. Nein, das wissen wir alle,  wirklich gerecht geht es bei der Verteilung der Einkünfte nicht zu. Blass würden wir dann ja auch alle aussehen, wenn wir bedenken, was wir denen schuldig bleiben, die unsere Jeans nähen und unsere Handys zusammenschrauben.

 

Mit einer weltweiten, allgemeinen Nicht-Gerechtigkeit müssen wir leben, daran sind wir gewöhnt und denken eher selten darüber nach. Aber pingelig werden wir dann doch, jedenfalls die meisten werden es, wenn es um die Kolleginnen und Kollegen geht im  eigenen Betrieb. Auch da lässt sich ja nicht bis hinter's Komma bemessen, wer wie arbeitet. Aber wie lange – das wird in den meisten Betrieben doch ganz genau gemessen, die Arbeitszeit wird erfasst und kontrolliert. Da weiß man wenigstens: Das ist gerecht. Alle müssen gleich lange im Büro sitzen, alle haben gleich lang Pause. Wer länger macht, kriegt Überstunden bezahlt, wer kürzer arbeitet, weniger Lohn.

 

Ob Gott auch so gerecht ist wie ein Arbeitszeiterfassungsbogen? Wünschen wir uns das? Auch zu dieser Frage hat Jesus ein Gleichnis erzählt, eine Geschichte, die immer wieder Ärger erregt.

 

Von einem Weinbergbesitzer erzählt er, der zur Weinlese viele Arbeitskräfte braucht. In der Frühe geht er da hin, wo die Arbeit Suchenden warten, er vereinbart mit ihnen einen Tageslohn und schickt sie in den Weinberg. Drei Stunden später kommt er noch einmal vorbei, da haben sich inzwischen neue Arbeitslose eingefunden, die stellt er auch ein. Mittags und nachmittags macht er es wieder so. Und, man glaubt es kaum: Selbst kurz vor Arbeitsschluss geht er nochmal hin und stellt auch die letzten Säumigen noch ein. Schon eine Stunde später soll der Verwalter den Lohn auszahlen, den zuletzt Gekommenen zuerst und –  allen den gleichen Tagessatz! Als diejenigen, die den ganzen Tag im Weinberg waren, merken, dass die Nachkömmlinge den vollen Tagessatz bekommen, freuen sie sich: Dann werden wir wohl ja einen dicken Aufschlag kriegen! Aber so ist es nicht – sie bekommen auch nur den zuerst vereinbarten Lohn. Das, finden sie, ist ja nun doch sehr ungerecht. Sie beschweren sich beim  Arbeitgeber. Aber der lässt sich nicht beirren: „Ihr habt doch bekommen, was vereinbart war!“ erklärt er. „Was regt ihr euch auf? Seid ihr etwa böse, weil ich gut bin?“

 

Ja, in der Tat, das sind sie, stocksauer und schwer empört. Über diese Ungerechtigkeit ärgern sie sich nun doch sehr und rechnen noch lange hin und her: Wie schwer ihnen die Mittagshitze geworden ist, was sie nicht alles geleistet haben den ganzen Tag über – und was denn das wohl für Kerle sind, die sich da so spät nach ihnen noch eingefunden haben! Dass die es überhaupt gewagt haben, die gleiche Arbeit zu wollen wie sie – und dass sie dann auch noch den gleichen Lohn bekommen! Also, gegen diesen Arbeitgeber werden sie jetzt aber einschreiten, demonstrieren, eine Partei gründen, denn so kann es nicht weitergehen!

 

Ja, sagt Jesus, so seid ihr.  Alle Ungerechtigkeit der Welt nehmt ihr hin. Nur wenn es mal aus Güte etwas ungleich zugeht – dann werdet ihr gleich fuchsteufelswild.

27.12.2015
Pfarrerin Angelika Obert