Liebe

Morgenandacht
Liebe
30.04.2019 - 06:35
21.03.2019
Autorin des Textes: Melitta Müller-Hansen
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Liebst du mich?

 

Siebenmal begegnet er in seinem Leben Jesus, so erzählt es das Johannesevangelium. Sieben Brücken, sieben Jahre, sieben Mal wirst du die Asche sein, aber einmal auch der helle Schein. Beim siebten Mal da stellt ihm Jesus diese Frage. Wie Liebespaare sie einander stellen oder auch Freundinnen, Freunde: Liebst du mich?

 

Zunächst beginnt alles unspektakulär. Ganz beiläufig kommt Petrus mit Jesus in Berührung, durch seinen Bruder Andreas, der ihm erzählt, wem er begegnet ist. Petrus lässt sich auf etwas ein, was ich als Liebesbiografie beschreiben würde. Er geht einen Reifungsprozess in Sachen Liebe ein, den ich auch in meinem Leben wahrnehme. Jesus erkennt ganz bald etwas vom Wesen des Petrus, von seiner spirituellen Gabe. Du sollst Kephas heißen! Der Fels.

 

Großartig! Könnte Petrus denken. Bei dir kann ich ganz ich selbst sein. Das ist die Initialzündung jeder großen Liebe. Aber Petrus ist davon immer wieder überfordert. Vielleicht, weil Jesu Liebe ihn zur Macht verlockt, er daraus ein Riesenego für sich ableitet. Bei der dritten Begegnung, genau dann, als viele Freunde Jesus verlassen wollen, sagt Petrus: „Herr, wohin sollen wir gehen, du hast Worte ewigen Lebens...“ Auf den ersten Blick ein Satz der Treue. Der auch sagen könnte: ich folge dir, weil du mich zum Größerem hinführst, zum Reiferen. Doch hebt er Jesus auf den Sockel. Für Petrus steht er ganz oben, er hat sein Idol gefunden, das er anhimmeln kann.

 

Und der auf dem Sockel steht, will Petrus bei einer weiteren Begegnung die Füße waschen. Wie soll das jetzt gehen? Das kann ich nicht annehmen! Petrus wehrt ab. Wirkliche Nähe wehrt er immer ab. Er steckt fest in dieser unreifen Liebe, die nach oben schaut, „anhimmeln“ will. Muss sich noch verabschieden vom Idol, von seinem eigenen Verehrungsbedürfnis. Er muss sich noch verabschieden von dem Jesus, wie er ihn gerne hätte und von seinem Selbstbild, wie er gerne sein möchte. Am Ende fallen Petrus die ganz großen Worte ein: „Ich will mein Leben für dich lassen.“

 

Ehe der Hahn dreimal kräht, ist nichts mehr übrig davon…

Verabschieden muss sich Petrus auch von der Ichüberflutung in seiner Liebe: Ich kann dich retten, ich kann mein Leben für dich lassen… Große Worte, die den anderen zudecken, vereinnahmen, verschwinden lassen und an denen einer nur scheitern kann. Bei der Verhaftung schließlich, als die Soldaten Jesus im Garten Gethsemane aufstöbern und abführen, will er den wehrlosen Jesus mit dem Schwert schützen. Und hat schon wieder die Liebe missverstanden, die nicht mit Gewalt erstritten oder verteidigt werden kann. Sechs Begegnungen, ein Reifungsprozess in Sachen Liebe.

 

Und dann die siebte. Im Morgengrauen, an einem Kohlenfeuer.

Liebst du mich? Dreimal fragt ihn Jesus: Liebst du mich?

Beim dritten Mal wird Petrus traurig. Dreimal krähte schließlich der Hahn, dreimal verleugnete Petrus an einem anderen Kohlenfeuer seinen Freund. Gesprochen aber wird jetzt nicht vom Verrat, nur von der Liebe. Völlig verrückt. Hier fragt nicht der Mensch Petrus, der im Unrecht steht, ängstlich ob der andere ihn noch liebt. Hier fragt der Verleugnete selbst nach der Liebe, und sucht nach einer Brücke zum anderen. Hier fragt einer, der Verrat, Verleugnung und Tod hinter sich hat, einer von jenseits der Grenze. Der Auferstandene. Jesus fragt: Liebst du mich? Und es ist Petrus, der hier zu einem neuen Leben aufgeweckt wird.

 

In diesem letzten Gespräch am Kohlenfeuer, bei der siebten Begegnung, führt die Liebe das Wort, die nichts will für sich selbst und dem anderen keine Erlösungsversprechen macht. Sie ist die Erfüllung des Lebens.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

21.03.2019
Autorin des Textes: Melitta Müller-Hansen