Auf dem Wasser gehen

Wort zum Tage

Gemeinfrei via Pixabay/ Pexels

Auf dem Wasser gehen
von Christina-Maria Bammel
29.12.2022 - 06:20
01.08.2022
Christina-Maria Bammel
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Mein Lieblingsweihnachtslied ist kaum 40 Jahre alt und besteht aus lauter Fragen, die an die Mutter des neugeborenen Jesus gestellt werden. An Maria. Es ist ein englischer Song, der einfach nur fragt und staunt. Vielleicht ist “Mary did you know“ deshalb so populär. „Maria“, so beginnt eine Strophe: „Wusstest du, dass dein Sohn eines Tages Blinde sehend machen wird? Wusstest du, dass dein Sohn eines Tages den Sturm stillen würde?“ Und dann die Frage: „Maria, wusstest du, dass dein Baby eines Tages auf dem Wasser gehen würde?“ Was ahnen junge Mütter und auch Väter von dem, was in ihren Kindern schlummert. Ich habe als Mutter vor Jahren oft auf die Gesichtszüge unseres neu geborenen Kindes geschaut und mich mehr als einmal gefragt: Welche Wege stehen diesem wunderbaren Geschöpf bevor, das ich jetzt noch im Arm halten darf? Welche davon werde ich mitgehen? Wo werden die Wege hell und licht und wo gibt es vielleicht heftigen Gegenwind? Würde immer wieder neu die Kraft zum Weiterlaufen da sein, auch wenn es mal fallen sollte? Es waren weniger besorgte, sondern vielmehr neugierig-nachdenkliche Fragen – verbunden mit vielen Wünschen. Der größte Wunsch ist dabei, dass dieses Kind, behütet bleibt, selbst dann, wenn es über Wasser geschickt werden sollte – oder exakt diesen Weg, warum auch immer, selber wählt. Mittlerweile reisen und gehen meine Kinder eigene Wege – möglichst klimaneutral und umweltschonend, manchmal mit Umwegen und Rückschritten. Gern in Unbekanntes und Abenteuerliches. Am liebsten, um Menschen zu begegnen, die einen berühren können, die vielleicht auch mal ihre Hand im richtigen Moment ausstrecken, um Halt zu geben und weiterzuhelfen. So wie dieser wunderbare Mensch Jesus. Am liebsten gehen diese erwachsen gewordenen Kinder mit leichtem Gepäck. Klar, dann lässt sich auch weniger verlieren und man kommt besser voran. Dass sie aber immer die Zuversicht in ihrem Gepäck haben und das Vertrauen in einen, der wunderbar und wirklich mitgeht, das gehört zu meinen Wünschen weit über die Weihnachtstage hinaus. Und wenn sie dann mal Rast machen und zurückblicken – für so einen Moment möchte ich einen Hinweis mit dazu packen, der Leo Tolstoi zugeschrieben wird: „Liebe deine Geschichte, Gott ist sie mit dir gegangen. Wie? In dir hast du ihn gewiss getragen. Am Ende wird er dich getragen haben. Wo Gott mit dir geht, bist du gesegnet.“ Ich denke noch mal an mein liebstes Weihnachtslied. Wusstest du, Maria? Ja, das wusstest du wahrscheinlich.

Es gilt das gesprochene Wort.

 

01.08.2022
Christina-Maria Bammel