Frieden ist machbar

Wort zum Tage
Frieden ist machbar
02.01.2019 - 06:20
07.09.2018
Jörg Machel
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Ein Kind schreit; und das durchgehend, seit dem Start schon. Die Leute im Flugzeug sind gereizt. Manche haben Mitleid mit den Eltern, andere denken, sie selbst würden das besser hinkriegen. Das Kind muss doch irgendwie zu beruhigen sein. Jemand regt sich auf, dass die Stewardess auf sein Klingeln seit Stunden nicht reagiert, obgleich sie doch erst vor wenigen Minuten das Essen ausgegeben hat. Er muss trinken, sonst bekommt er keinen Bissen runter, so empört sich der Fluggast. Seine Nachbarin ärgert dieser anmaßende Auftritt, sie tuschelt mit ihrem Mann, will den Platz mit ihm tauschen. Die Atmosphäre heizt sich auf.

 

Henner fliegt nach Kiew zu einer Konferenz mit dem Themenschwerpunkt Konflikte. Er beobachtet und muss schmunzeln. Passender hätte die Einstimmung auf die Konferenz nicht sein können. Er wird seine Arbeitsgruppe über den Umgang mit Konflikten mit der Schilderung dieses Fluges eröffnen. Wo Menschen zusammentreffen, wo Erwartungen enttäuscht werden, wo es Stress gibt, da sind Konflikte unvermeidbar. Und dann kommt es darauf an, wie man damit umgeht. Wird gebrüllt oder zugehört, eskaliert es oder reagiert man gelassen? Davon hängt ab, wie sich die Situation weiter entwickelt. Im Flugzeug führt das normalerweise nur zu Verstimmungen. Beginnt jemand tatsächlich zu randalieren, reagiert das Personal professionell und deeskaliert, schlimmstenfalls gibt es eine Notlandung, die Polizei übernimmt die Regie und schafft Ordnung.

Ein so klares Reglement gibt es zwischen Staaten leider nicht. Die Versuche, den UN Sicherheitsrat als handlungsfähiges Ordnungsinstrument zu etablieren, werden immer wieder durch die Interessen einzelner Mitglieder unterlaufen.

 

So lohnt es durchaus, die Erfahrungen, die man in der Erforschung von Alltagskonflikten gemacht hat, auch auf größere Systeme anzuwenden. Das heißt, wertschätzend agieren, sich nicht provozieren lassen, die eigenen Interessen und die Interessen des Gegenübers klar zu analysieren und dabei das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren: Frieden zu schaffen in einer konfliktreichen Welt. Die Jahreslosung aus der Bibel für das Jahr 2019 lautet übrigens: „Suche Frieden und jage ihm nach.“ (Psalm 34,15)

 

Wie schwer das ist, musste Henner auch bei der Konferenz in Kiew wieder erfahren. Viele Parteien mit ganz unterschiedlichen Interessen! Man reagiert unterkühlt aufeinander. Eine eingentümliche Dynamik allerdings ließ sich auch bei dieser Tagung beobachten. Mit deutlich enspannter Mine kommen die Kongressteilnehmer aus der Kaffeepause zurück, ganz bewusst war sie so gestaltet, dass sich die Gruppen mischen mussten. Gemeinschaft schafft Frieden.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

07.09.2018
Jörg Machel