Jahid und Mali

Wort zum Tage
Jahid und Mali
01.02.2019 - 06:20
03.01.2019
Ulrike Greim
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Da sitzen sie, auf ihren Stahlrahmenbetten in der improvisierten Unterkunft: die Brüder Jahid und Mali. Etwas ungepflegt, leicht desinteressiert und schwer zu motivieren, die Formulare auszufüllen, die ihnen die Behörde geschickt hat. Gerhard müht sich redlich mit ihnen.

Deutsch lernen – die beiden sind mäßig interessiert. Eine Ausbildung – wer wollte sich der beiden annehmen, die so eng begleitet werden müssen? Welchen Unternehmer könnte man dafür gewinnen? Selbst die gutwilligen winken ab, und alle können es verstehen.

So sitzen sie in ihrem Zimmer und rauchen und daddeln mit dem Smartphone, spielen Tischkicker unten im Gemeinschaftsraum und ziehen um die Häuser. Manchmal tagelang.

 

Jahid und Mali wurden in Iran geboren. Als Illegale. Die Eltern stammen aus Afghanistan. Ständig auf der Suche nach Raum zum Leben. Sie haben es schwer, sind viel krank. Lernen können sie fast nichts. Sie werden immer wieder aus Iran nach Afghanistan abgeschoben, kehren aber zurück. Fallen der Miliz in die Hände. Mali wird bei einer Festnahme misshandelt. Er kann es nicht verkraften und wird psychotisch. Jahid kann das alles nicht mit ansehen und nimmt Drogen. Die Jungs müssen hier raus, beschließt die Familie. Sie borgt sich Geld und bezahlt die Schleuser. Jahid und Mali kommen nach Deutschland.

Nun sitzen sie in diesem Kaff und warten auf Godot.

 

Sie sind wahrlich keine Vorzeigeflüchtlinge, sagt ihre Anwältin. Integrieren ist schwer, wenn nicht aussichtslos. Sie sind nicht schlau und sie riechen nicht gut, sie brauchen ständig Hilfe. Und ihre Rechtslage bietet auch keinen Lichtblick. Ihre Asylanträge werden abgelehnt. Die Anwältin bleibt dran. Es sind doch Menschen, die nichts anderes brauchen, als unsere Hilfe, sagt sie. Der Artikel eins des Grundgesetzes gilt auch ihnen. Wer wären wir, es anders entscheiden zu wollen?

Würde können wir nicht verleihen nach Gutdünken. Wir können sie den beiden ja auch nicht aberkennen. Mali und Jahid sind würdig. Auch jeder verletzte und gedemütigte Mensch hat eine Würde, die nicht angetastet werden kann. Wer es tut, setzt sich selbst ins Unrecht, er schadet sich selbst.

Wir alle verdienen Achtung und Respekt. Denn ein Höherer wollte, dass wir hier sind.

Wir alle atmen Gottes Atem. Auch Jahid und Mali.

Er wächst mit ihnen, wenn sie wachsen, er heilt mit ihnen, wenn sie heilen.

Das ist nicht abhängig vom Aussehen oder der Herkunft, vom Talent oder der Einsatzbereitschaft, nicht davon, wie jemand aus den Augen schaut oder ob er müffelt.

 

Wir alle haben Würde. Ob wir sie ausstrahlen oder nicht. Und egal mit welchem Pass.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

03.01.2019
Ulrike Greim