Es herrscht Veränderungsdruck. Überall begegnet die Forderung: Wir müssen anders werden, wenn wir eine gute Zukunft haben wollen. Zwei Dinge helfen, den Wandel zu meistern.
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"Wenn wir uns mal ganz bewusst die Frage stellen: Was ist ein gutes Leben? Dann fällt uns nicht zuerst ein: Wir müssen Autobahnen vor der Tür haben."
Das finde ich einen Super-Satz. Er stammt von der Physikerin und Klimatologin Friederike "Fredi" Otto. Sie ist eine weltweit führende Forscherin auf diesem Gebiet. Sie hat nachgewiesen, dass unser Handeln und die Veränderungen beim Klima zusammenhängen.
Mit ihrer Frage: Was ist ein gutes Leben? packt sie mich. Was stelle ich mir darunter vor? Das ist schwieriger zu beantworten als noch vor ein paar Jahren. Selbstverständlichkeiten sind auf dem Prüfstand: Autofahren, wie wir heizen, wie viel Platz jemand zum Wohnen hat. Der Frieden. Der Frieden in Europa und der soziale Frieden in unserer Gesellschaft.
Viele in meinem Umfeld empfinden die Zeit, in der wir leben, als Zumutung. Aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln: Die einen sagen, Geflüchtete sind eine Zumutung für die Einheimischen: zu viele, zu fremd. Die andern sagen: So wie Geflüchtete leben müssen in einem reichen Land wie Deutschland – in engen Unterkünften, jahrelang ohne Arbeit und mit ungewissem Aufenthaltsstatus –, das ist eine Zumutung.
Die einen sagen: Ein Tempolimit auf den Autobahnen in Deutschland wäre eine Zumutung für ihre Freiheit. Die andern halten den CO2-Ausstoß, der die Natur zerstört, für die größere Zumutung.
Ich denke, es braucht den Mut zur Zumutung. Ich verstehe das vor allem ganz persönlich, an mich adressiert. Wie will ich leben? Diese Frage ist ja nicht ohne. Sie geht an die Substanz. Ich werde die berühmte Komfortzone verlassen müssen: Die alte Dieselschleuder verkaufen. Nicht jede Woche Klamotten online bestellen. Freilich ist es nicht damit getan, was ich als Einzelne machen kann. Notwendig sind politische Rahmenbedingungen, innerhalb derer wir alle gut leben können.
Das erfordert politische und persönliche Entscheidungen. Und Entscheidungen brauchen Mut. Für mich kommt der Mut zur Zumutung aus dem Gebet, aus der Nähe zu Gott. Beten drückt für mich aus: Ich bin nicht die Alleinherrscherin über mein Leben, sondern eingebettet in größere Zusammenhänge. Ich bin Teil der Schöpfung, des Kreislaufs von Werden und Vergehen. Gott hält das alles in ihrer Hand. Ich erlebe Beten als eine Kraft, die mich verwandelt. Ein Augenöffner, ein Perspektiven-Veränderer.
Das Vertrauen auf Gottes Schöpfungskraft stärkt meinen Mut für die Zukunft. Meine Hoffnung. Kopf hoch, es kommen andere Zeiten! Im Moment vielleicht schwer zu glauben. Aber das ist es, wovon Christinnen und Christen leben: von der Hoffnung, dass die Bäume wieder ausschlagen, dass es wieder grün wird, dass Gott das Leben neu möglich macht.
Der Satz von Fredi Otto: "Wenn wir uns mal ganz bewusst die Frage stellen: Was ist ein gutes Leben? Dann fällt uns nicht zuerst ein: Wir müssen Autobahnen vor der Tür haben." Diesen Satz höre ich als Einladung, einander zu erzählen, was für uns jeweils ein gutes Leben ausmacht.
Es kommt darauf an, was wir erzählen. Erzählen wir, dass es nie so schlimm war wie jetzt und dass wir hilflos sind? Erzählen wir vom Klimawandel und wie wir auf ihn reagieren müssen, nur in Zumutungen: dass uns alles weggenommen wird? Oder erzählen wir davon, dass durch Klimaschutz die Lebensqualität besser wird, und zwar für alle Menschen.
Für Veränderung zum Guten ist es wichtig, dass es eine schöpferische Erzählung gibt. Wir Menschen haben eine besondere Fähigkeit: Wir können uns eine gute Zukunft ausmalen und dann so handeln, dass die Wirklichkeit diesem Bild immer ähnlicher wird.
Es gilt das gesprochene Wort.
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