Ein Lagerfeuer mitten in der Stadt. Wer mag, setzt sich dazu und erzählt, wie er oder sie das Stadtviertel erlebt. Im Schein der Flammen Geschichten teilen und Hoffnung schöpfen.
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Mitten in der Nürnberger Südstadt brennt ein Lagerfeuer. Holzscheite knistern in einer großen Feuerschale. Die Flammen tanzen in der kalten Winterluft. Es ist schon ein paar Monate her, da sitzen auf dem Vorplatz der Christuskirche ungefähr 20 Menschen rund um das Feuer. Vorne ist es schön warm, aber am Rücken spürt man den kalten Abend. So wie es halt ist am Lagerfeuer. Die Stimmung ist gespannt und vorfreudig. Es ist schon was Besonderes, mitten in der Stadt um eine Feuerschale zu sitzen und zu erzählen.
Deswegen sind wir da: Wir wollen uns erzählen von unserem Stadtteil, was sich so verändert hat in den vergangenen Jahren und was das bedeutet für das eigene Leben, die eigene Geschichte.
Die Nürnberger Südstadt war schon immer ein Arbeiterviertel, früher mit hohem Anteil an evangelischer Bevölkerung. Heute leben hier viele migrantische Mitbürger, aus der Türkei, aus Syrien, Afghanistan, Sri Lanka, Rumänien, Äthiopien. Alle bringen ihre Geschichte mit, ihre Bedürfnisse, ihre Sehnsüchte, ihre Lebenserfahrung.
Eine Frau, Brigitte, eine Ur-Nürnbergerin, erinnert sich, wie gerne sie früher im Atrium Filmpalast war, ein Kinosaal aus den 1950er Jahren mit dick gepolsterten Stühlen und schwerem, rotem Vorhang. "Was ist denn da heute eigentlich drin?" Neben ihr lacht Ferchid aus Ghana. Er kommt eben vom Freitagsgebet aus der Moschee und die ist im ehemaligen Kino. Ferchid ist der Vorsitzende des afrikanischen Kulturvereins in Franken. Sie haben den Kinosaal zum Gebetsraum umgestaltet, mit Mihrab, der Gebetsnische in Richtung Mekka, und Minbar, die Gebetskanzel mit Treppe für die Predigt. Ferchid lädt uns ein, vorbeizukommen und die afrikanisch-muslimische Gemeinde kennen zu lernen.
Veränderungen. Manchmal bekommt man erst im Nachhinein mit, wie viel sich verändert hat, die Zeiten, die Umstände, die Umgebung, man selbst. Das war der Gedanke des Lagerfeuers. Wer mag, erzählt. Wer nicht mag, kann schweigen, zuhören und ins Feuer schauen. Darum hat die evangelische Stadtteilgemeinde gemeinsam mit BRÜCKE-Köprü, einer Einrichtung für den Dialog zwischen Christen und Muslimen, zur "Feuerpause" eingeladen – damit man sich austauschen kann, wie es einem im Stadtviertel geht.
Ich habe es genossen, als ich bei diesem Lagerfeuer mitten in der Stadt dabei war. Es hat das Gefühl gestärkt: Ich bin nicht allein, anderen geht es ähnlich. Für mich war besonders schön, dass trotz großer Veränderungen im Privaten und im näheren Umfeld die meisten positiv auf das geschaut haben, was sich getan hat. Und noch mehr: Es hat sich eine hoffnungsvolle Grundstimmung ausgebreitet in dem Kreis um das Feuer. Die Veränderungen in meinem Leben und um mich rum, die könnten auch was Gutes haben. Sie bringen neue Menschen in mein Leben. Sie lassen mich neue Erfahrungen machen. Sie verändern meinen Blick.
"Veränderungshoffnung" - das ist ein Begriff aus der Soziologie. Er klingt aber gar nicht so steif wie sonst viele akademische Begriffe. Veränderungshoffnung ist ein Wort, das man spürt. An diesem Abend mit all seinen Erzählungen am Lagerfeuer ist mir Veränderungshoffnung begegnet, gefüllt mit Leben, erlebt von echten Menschen.
Genau das brauchen wir: Veränderungshoffnung. Es kann sich was Gutes, was Positives, was Hoffnungsvolles tun in meinem Leben und um mich rum. Dabei hilft es, sich davon zu erzählen und vor allem zuzuhören. Es muss nicht bei dem einen Abend am Lagerfeuer bleiben. Veränderungshoffnung blüht am besten im Frühling!
Es gilt das gesprochene Wort.
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