"Es geht nauswärts", sagt man in Franken, wenn der Frühling Fahrt aufnimmt. Es geht Richtung Ostern. Zeit, sich einen Sonntag für Freude zu gönnen.
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Freu dich, es ist Wochenende. Freu dich, morgen ist Sonntag. Freu dich mitten in der Passionszeit. So heißen im Kirchenkalender die sieben Wochen vor Ostern, und wir sind mittendrin. Morgen der Sonntag hat den lateinischen Namen Lätare, übersetzt: "Freue dich!" Er hat auch noch andere Namen: Rosensonntag oder Mitt-Sonntag, weil er die Halbzeit der Wochen bis Ostern markiert.
Morgen, am "Bergfest der Passionszeit" soll ich mich freuen: Die eine Hälfte ist rum, die zweite Hälfte überschaubar und dann kommt die ganz große Freude: Ostern, Frühling, das volle Leben. Es "geht nauswärts", sagt man bei uns in Franken. Licht und Wärme warten auf mich. Laetare singt von Hoffnung und Freude, trotz allem.
Trotz allem, trotz all dem Leid in der Welt.
Es fühlt sich gerade so an, als wären wir nicht nur im Kirchenkalender, sondern auch in der Welt mitten in einer Passionszeit, einer Leidenszeit. Inmitten der schlechten Nachrichten suche ich nach einem Halt, nach etwas, das bleibt.
Ein Kirchenlied, das in vielen Gottesdiensten morgen gesungen wird, heißt: "In dir ist Freude / in allem Leide / o du süßer Jesu Christ." Ich konnte das Lied bisher nicht recht leiden. Es erinnert mich an mein Examen am Ende des Studiums. Da sitzen wir Prüflinge aufgeregt und unsicher in einem großen Saal. Gleich soll die erste Prüfung losgehen. Aber weil es ja um Theologie geht, gibt es erstmal eine Andacht mit dem Lied "In dir ist Freude in allem Leide". "Na Bravo!", habe ich gedacht. "Ich stehe hier eh schon unter Prüfungsdruck und dann soll ich von der Freude singen. Das kann ja heiter werden!"
Wie gesagt: Das Lied "In dir ist Freude in allem Leide" war mir lange fremd. Umso mehr freue ich mich, dass ich es neu entdeckt habe, musikalisch und theologisch.
"In dir ist Freude" ist ursprünglich ein italienisches Balletto aus dem 16. Jahrhundert, ein Tanzlied, das dem Liebesgott Amor gewidmet ist. Die Melodie geht ins Ohr und in die Beine. Ein Tanzhit, der sich rasch verbreitet über Italien hinaus.
Irgendwann landet es bei dem Thüringer Pfarrer Cyriacus Schneegaß. Der gibt dem Liebeslied den geistlichen Text, den wir heute kennen. Statt um Amor, den unberechenbaren Gott der Liebe, geht es jetzt um Jesus Christus, den beständig liebenden Gott. Schneegaß dichtet: "Wer dir vertrauet, hat wohl gebauet, wird ewig bleiben, Halleluja." Da kann ich auf Anhieb mitsingen. In dieses Vertrauen kann ich mich fallen lassen.
Als Cyriakus Schneegaß diese Zeilen schreibt, ist das Leben nicht leichter als unseres. Keine Spur von "früher war alles besser", im Gegenteil. Die bisherige Ordnung in Deutschland und Europa wird umgekrempelt durch die Reformation. Katholiken und Protestanten kämpfen gegeneinander. Schneegaß erlebt das als Kind. Krankheit und Tod gehören zum Alltag. Viele sterben, auch in ganz jungen Jahren. Schneegaß weiß, wovon er dichtet: "Wenn wir dich haben, kann uns nicht schaden Teufel, Welt, Sünd oder Tod."
Er ist überzeugt: Was zählt im Leben, ist das Vertrauen auf Gott. Auf Gott soll sich mein Blick richten, nicht auf all die Gefahren und die Spalter. Das hat nichts mit Weltflucht zu tun. Es bedeutet nicht, die Augen vor der Realität zu verschließen. Es ist die Frage danach, was mich trägt und wo ich geborgen bin, trotz allem.
"In dir ist Freude in allem Leide". Es gibt von dem Lied im Internet sehr schöne Versionen zum Anhören. Wer morgen in den Gottesdienst geht, kann es ganz bewusst mitsingen. Und auch wenn es in der Kirche eher unüblich ist zu tanzen, kann man sich im Takt wiegen und tief drin die Freude spüren: Gott trägt mich, mein Leben lang, in Freud und in Leid.
Es gilt das gesprochene Wort.
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