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Weihnachtswünsche
Gedanken zur Woche von Pfarrer Stephan Krebs
22.12.2023 05:35
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„Liebes Christkind, es ist schön, dass ich Dir schreiben kann. Zu Weihnachten wünsche ich mir, dass wir als Familie viel Zeit füreinander haben. Und eine Barbiepuppe.“ So oder so ähnlich haben viele Kinder in der Adventszeit ihre Wünsche aufgeschrieben und losgeschickt. Klar, die Kinder wissen genau, dass ihre Eltern damit etwas zu tun haben. Aber das reicht vielen nicht. Das wäre zu wenig Geheimnis, zu wenig Tiefe, nicht heilig genug.

Denn bei den Wünschen geht es ja nicht nur darum, mehr haben zu wollen. Dahinter steht auch die Sehnsucht, als Person wirklich gesehen zu werden. Ein schönes Weihnachtsgeschenk sagt auch aus: „Ich habe dich gesehen. Ich meine es gut mit dir. Du bist mir etwas wert. Dich liebe ich.“ Diese Sehnsucht reicht über das hinaus, was Menschen einlösen können. Deshalb gehören zu Weihnachten auch heilige Figuren, die mit Gott in Kontakt stehen. An sie kann man seine Wünsche richten. Da ist der heilige Nikolaus, der mit dem Weihnachtsmann verschmilzt – eher katholisch geprägt. Und da ist das Christkind, das mit dem neugeborenen Jesuskind verbunden wird – eher evangelischen Ursprungs. Die Kinder wenden sich meist an die Figur, die zu ihrer Familie, ihrer Region oder Konfession am besten passt.

Die Deutsche Post spielt mit. Sie hat für die Kinderwunschbriefe sieben Postämter eingerichtet. Dabei hält sie sich aus der Frage nach dem wahren heiligen Wunscherfüller heraus. Auf ihrer Website weist sie dem Weihnachtsmann die Postämter in Himmelspfort und Himmelsthür zu, dem Christkind die in Engelskirchen, Himmelspforten und Himmelstadt, der Nikolaus empfängt Briefe in Nikolausdorf und St. Nikolaus.

Alle sieben Postämter befinden sich in echten Orten oder Ortsteilen, die mit ihrem klangvollen Namen Kinderwunschbriefe anziehen. Es sind Zig-Tausende pro Jahr. Die meisten kommen in Engelskirchen an – über 150.000. (1)

Vor Ort werden alle Briefe von Ehrenamtlichen beantwortet. Sie berichten, dass sich die Wünsche der Kinder verändern. Klar: Klassische Spielsachen sind immer dabei. Modische kommen hinzu: Besonders gefragt sind in diesem Jahr zum Beispiel Barbie-Sachen - aufgrund des erfolgreichen Kinofilms. Aber viele wünschen sich etwas ganz anderes: Frieden. Nicht irgendwie allgemein, sondern sehr konkret für die Ukraine und den Nahen Osten. Viele Kinder spüren, dass die Welt aus den Fugen gerät – und dass es den Menschen bislang nicht gelingt, die Konflikte zu lösen.

Die Tradition der Wunschbriefe ist mindestens 400 Jahre alt. Bevor es die Postämter gab, haben die Kinder ihre Briefe zuhause auf eine Fensterbank gelegt. Dort konnten sie heimlich abgeholt werden - vom Christkind oder dessen Engel, vom Weihnachtsmann, dem Nikolaus oder seinem Knecht Ruprecht. Damals schrieben die Kinder noch Empfehlungsbriefe in eigener Sache. Darin stellten sie sich als folgsam und fromm dar. Denn sie hatten gehört, dass nur die braven Kinder überhaupt etwas bekommen. Im 20. Jahrhundert wurden die Briefe dann immer mehr zu Bestellzetteln.

Ich finde es gut, dass die Kinder vor den heiligen Figuren der Vorweihnachtszeit weithin keine Angst mehr haben. Zum Glück sind viele Kinder heute selbstbewusster. Oft entsteht daraus jedoch eine hohe Anspruchshaltung. Damit übernehmen die Kinder allerdings nur, was ihnen viele Erwachsene vorleben: Aus Wünschen werden Erwartungen – oft hohe Erwartungen, was das Leben, das Land, die Regierung, die Familie und andere einem geben sollen.

Wenn aus Wünschen Erwartungen werden, dann verlieren sie ihr Glück und ihr Geheimnis. Denn: Wenn meine Erwartungen erfüllt werden, halte ich das nur für selbstverständlich. Wenn jedoch jemand auf meine Wünsche eingeht, macht mich das glücklich, ich fühle mich gesehen und geliebt. Das zu erleben, wünsche ich allen Kindern – den kleinen und den großen. Allen, die mit ihren Wünschen hoffnungsvoll auf Weihnachten warten.

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Literaturangaben:

  1. Offenbach Post 19.12.2023, Seite 44.