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Sendung zum Nachlesen
Ich stehe vorm Spiegel und sehe mich an. Sehe das, was mir nicht an mir gefällt, meine grauen Haare und die Falten, diese Speckrolle und das, was sonst nicht der Norm entspricht. Ich sehe auch, was ich darüber hinaus nicht ideal an mir finde: Was mir nicht gelungen ist. Was ich aus Angst oder Überforderung gesagt oder getan habe und selbst nicht gut finde. Und wenn dann möglicherweise noch jemand mit Autoritätsstimme und -haltung mir meine Unvollkommenheiten vorhält, werde ich innerlich ganz klein und schäme mich wie zu Kindertagen, als der Fleck am Sonntagskleid eine Katastrophe war und der Fehler im Diktat meine Zukunft in Frage gestellt hat. Wenn ich so überstreng auf mich schaue, dann erinnere ich mich an ein Bibelwort: "Auch wenn unser eigenes Herz uns anklagt, ist Gott größer als unser Herz. Denn er kennt uns durch und durch." (1. Johannes 3,20)
Der Gedanke baut mich auf. Natürlich weiß Gott um meine Fehler von gestern und vorgestern. Gott weiß auch, warum das so gekommen ist und wie ich an meine Grenzen gestoßen bin.
"Gott ist größer als unser Herz." Ich stelle mir vor, wie Gott hinter mir steht und mich im Spiegel freundlich und liebevoll ansieht. Das macht den Unterschied: Gott sieht das Liebenswerte und Besondere. Gott sieht das Strahlen in meinem Gesicht und wie weich die Falten es machen. Sieht, wie viel Mühe ich in dieses oder jenes gesteckt habe, und freut sich mit mir daran. Gott hat im Blick, wie viel Liebe ich für den Menschen habe, der mich gerade so enttäuscht hat, dass ich erst sprachlos bin und dann aus der Haut fahre. Wenn ich die Scherben meiner Seele schmerzhaft in meinen Händen halte, dann setzt sich Gott neben mich, weint und klagt mit mir, bis meine Seelenhaut heilt und wieder strahlen kann.
"Gott ist größer als unser Herz." Das ist für mich die Einladung, mich selbst und andere mit Gottes Augen zu sehen, mein Herz zu beruhigen und vor dem Spiegel genau hinzusehen, mit Gottes feinem Blick für das Schöne und für das, was uns liebenswert macht.
Wenn unser Herz uns anklagt … Gott tut es nicht. Die Zukunft ist offen, und die Lasten des Gestern bleiben zurück. Ich kann sie bei Gott ablegen, mich mit meinen Fehlern versöhnen und frei und mutig, voller Zuversicht in den Tag gehen, das Heute und das Morgen mit neuer Kraft, mit neuen Fähigkeiten und in dem Wissen gestalten: Gottes Liebe stärkt mir den Rücken und schenkt mir Respekt vor mir selbst.
Es gilt das gesprochene Wort.