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Der katholische Kaiser wollte eigentlich keine evangelischen Kirchen in seinem Gebiet. Er machte schier unerfüllbare Auflagen. Aber die evangelischen Schweidnitzer machten das Unmögliche möglich. Und schufen eine Friedenskirche.
Ein Stück Himmel auf Erden
Die Friedenskirche in Schweidnitz
01.11.2025 06:20

Der katholische Kaiser wollte eigentlich keine evangelischen Kirchen in seinem Gebiet. Er machte schier unerfüllbare Auflagen. Aber die evangelischen Schweidnitzer machten das Unmögliche möglich. Und schufen eine Friedenskirche.

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Auf den ersten Blick sehe ich nur eine überdimensionale Fachwerkscheune. Wäre da nicht der Friedhof, der das Fachwerkgebäude umgibt. Vögel singen ihr Lied unter der Mittagssonne. Ein Ort der Ruhe und des Friedens. Wie passend, denke ich.

Ich stehe vor der sogenannten Friedenskirche in Schweidnitz in Niederschlesien in Polen. Durch die offene Tür der Fachwerkkirche höre ich ein Musikstück von Mozart. Seine Musik, so sagte einmal ein Theologe, wird im Himmel von den Engeln gespielt.

Als ich in die Kirche trete, ist da nicht nur ein Symphonieorchester bei der Probe. Ich sehe eine himmlische Pracht. Barocke Baukunst erstrahlt in bunten Farben. Alles in Holz gebaut, gedrechselt und bemalt. Zwei- und dreigeschossige Emporen, die Tausenden von Menschen Platz geben. Ich rieche Holz, fast so als wäre ich in einer Holzwerkstatt. Hier ist gut sein.

Diese Kirche verdankt sich zäher Friedensverhandlungen und der Hartnäckigkeit der evangelischen Gemeinden. Der Dreißigjährige Krieg endet mit dem Westfälischen Frieden. Die protestantische Seite erstreitet für ihre Glaubensgeschwister im nunmehr katholischen Schlesien das Recht, evangelische Gotteshäuser zu bauen. Der katholische Kaiser gibt dem Gesuch nach. Aber er stellt Bedingungen, die kaum zu erfüllen sind: Die evangelischen Kirchen dürfen nur aus Stroh, Holz und Lehm erbaut werden. Ohne Turm und ohne Glocken. Und: Die Bauzeit darf nicht mehr als ein Jahr betragen.

Die Protestanten in Schweidnitz machen das Unmögliche möglich. Innerhalb von nur zehn Monaten bauen sie ihre Kirche. Ursprünglich einfach eingerichtet wird sie im Laufe der Jahre immer üppiger ausgestattet. Am Ende schaffen sie ein barockes Kleinod, ein Stück Himmel auf Erden.

Für mich ein Symbol: Es bedarf eines zähen Ringens und einer gewissen Hartnäckigkeit, will man Orte des Friedens schaffen. Die Kirche ist bis heute ein Ort geblieben, wo man dem Frieden dient und der Versöhnung. 1989 beten hier gemeinsam der erste frei gewählte polnische Premierminister Mazowiecki und Bundeskanzler Kohl als Zeichen der Versöhnung. Später Bundeskanzlerin Merkel und ihre polnische Amtskollegin. An diesem Friedensort unterzeichnen Vertreter der christlichen, jüdischen, muslimischen und buddhistischen Religion mit dem Dalai Lama einen Appell für den Frieden.

Frieden schaffen braucht Mühe und Hartnäckigkeit. Aber es lohnt sich. Man kann ein Stück Himmel auf Erden schaffen.

Es gilt das gesprochene Wort.

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