Wort zum Tage
Speichern
07.11.2020 05:20
Sendung zum Nachlesen

„Ich muss erst noch speichern!“ Dieser unsterbliche Satz gehört bei uns zum festen Bestand der Familienliturgie. Er ist die Antwort auf Aufforderungen verschiedenster Art, die darauf zielen, kindliche oder jugendliche Beschäftigungen zu unterbrechen. Mit der Medienzeit nehmen wir es als Eltern nicht gar so genau, achten aber schon darauf. Dabei mussten wir aber lernen, dass Spielekonsole oder Computer keineswegs einfach so beiseitegelegt oder ausgemacht werden können. „Ich muss erst noch speichern!“ ruft es dann vom Sofa oder aus dem Kinderzimmer.

Was für ein schöner Satz das eigentlich ist. Und wie schön das wäre: Nicht immer so ohne Zäsur von der einen Sache zur anderen übergehen oder alles auf einmal und gleichzeitig tun. Sondern immer eins nach dem anderen. Und dazwischen erst noch speichern. Nach dem Urlaub nicht gleich die Post aufreißen und die Wäsche waschen, sondern erst noch speichern, Eindrücke, Bilder, das Ankommen. Nach dem fröhlichen Abend nicht gleich die Fenster aufreißen und die Gläser spülen, sondern erst noch speichern, die Stimmung, den einen oder anderen Satz. Und am Ende des Tages nicht einfach mit unsortiertem Kopf ins Bett gehen, sondern erst noch speichern, eine Erinnerung, einen Gedanken. Manchmal schaffe ich das. Dann sitze ich noch ein bisschen allein auf dem Sofa, wenn der Fernseher aus und der andere schon schlafen gegangen ist. Dann speichere ich, sortiere meine Gedanken und mich.

Es tut uns Menschen nicht gut, unser Leben ohne Speichern zu leben. Ohne Übergänge, ohne Zeiten und Räume, die besonders sind und den Alltag unterbrechen. Das machen alle Religionen auf unterschiedliche Weise bewusst. Speichern passiert am Schabbat und am Sonntag, im Gottesdienst und beim Freitagsgebet, in Meditation und Kontemplation.

Die inneren Vorräte müssen genauso dringend aufgefüllt werden, wie der Wochenendeinkauf erledigt werden muss. Manchmal schaffe ich es, sogar zwischen zwei Terminen ein bisschen zu speichern. Ich gehe dann schon zurück nach Hause, wo man auf mich wartet. Aber ich drehe noch eine kleine Extrarunde. Ich bleibe ein bisschen im Auto sitzen und höre nicht nur das Lied zu Ende, sondern noch eins. Ich komme ja gleich. Aber erst muss ich noch speichern.

Es gilt das gesprochene Wort.