Wort zum Tage
Gemeinfrei via Unsplash/ Curtis Thornton
Sprachen
von Marie Marondel
25.08.2023 06:20
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Sendung zum Nachlesen

Im biblischen Buch des Predigers heißt es: "Die Worte aus dem Munde des Weisen bringen ihm Gunst; aber des Narren Lippen verschlingen ihn selbst." (Prediger 10,12) Wenn ich an die Hasskommentare denke, die ich im Internet unter manchen Beiträgen lese, klingt das gerecht. Menschen verstecken sich hinter Pseudonymen und Fake-Identitäten, um ungefragtes, unreflektiertes Feedback oder sogar Beleidigungen in die Welt zu streuen. Leider verschwinden die meisten Hasskommentare nicht von selbst. Mir bleibt - als Social Media Redakteurin wie als Privatperson - oft nur der Weg, die Kommentare zu löschen und die Profile zu blockieren. …Bis sie von einem anderen Fake-Profil wieder auftauchen. Dass die Menschen sich hinter Pseudonymen verstecken, zeigt, dass viel Wahres in dem Bibelvers steckt. Es stellt den Menschen selbst in ein schlechtes Licht, der andere Personen erniedrigt und beleidigt. Worte können verletzen. Worte können provozieren und entzweien.

Deshalb gilt: Wähle deine Worte weise! Um bei der Bibel zu bleiben: Die Worte aus dem Munde des Weisen bringen ihm Gunst. Wie aber gelingt gute Kommunikation?

Als Theologiestudentin musste ich einige Sprachen lernen. Mit jeder Sprache habe ich auch Einblick in eine neue Welt, in eine andere Kultur, erhalten. Sprachen tragen ganze Traditionen, Konzepte und Weltanschauungen in sich. Und ich habe gelernt, dass es für viele Wörter ein Dutzend Übersetzungsmöglichkeiten gibt. Und dass jede davon den Sinn eines ganzen Textes verändern kann. Ganz wie im Deutschen: Der Nagel in der Wand ist etwas anderes als der Nagel an meinem Finger. Beim Übersetzen ist es wichtig, sowohl den Kontext im Blick zu behalten als auch die Lebenswelt, aus der heraus der Text spricht. Nur so kann ich die richtige Übersetzung wählen, die auch wirklich der Botschaft gerecht wird.

Diese Erkenntnisse versuche ich mit in meinen Alltag zu nehmen. Denn sie gelten nicht nur beim Übersetzen uralter Texte, sondern auch in Gesprächen in der Gegenwart: Wenn ich in ein anderes Land reise, begegne ich den Menschen mit einer Offenheit für ihre jeweilige Sprache und Kultur. Wenn ich mich im Alltag mit jemandem unterhalte, dann versuche ich erst zu denken, und dann zu sprechen - meine Worte also gut abzuwägen - um eine sensible und respektvolle Unterhaltung zu gewährleisten. Und ich versuche, mein Gegenüber nicht in Schubladen zu stecken, sondern im Hinterkopf zu behalten, wie wenig ich vom Leben meines Gegenübers weiß. Das ermöglicht einen Austausch auf Augenhöhe und vermeidet Missverständnisse.

Natürlich funktioniert das nicht immer perfekt, aber wenn ich meine Worte verantwortungsbewusst wähle, dann kann ich damit viel Gutes bewirken. Ich kann Wissen und Gefühle transportieren. Ich habe die Möglichkeit gute und wichtige Botschaften und Werte und zu vermitteln. Dann gelingt gegenseitige Wertschätzung. Genau das steckt in dem alten Wort "Gunst". (2)

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Literatur dieser Sendung:

  1. Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.
  2. https://www.duden.de/rechtschreibung/Gunst.