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Ich mag die romanischen Kirchen. Sie schaffen einen Raum, in dem ich mich geborgen fühle. Ich verstehe aber auch Menschen, die die Gotik bevorzugen und sich an den ins Unendliche weisenden Spitzbögen erfreuen. Und doch spüre ich ein gewisses Unbehagen, wenn ich all diese Prachtbauten mit der Predigt und dem Leben Jesu zusammenzudenken versuche. Der Zimmermann aus Nazareth sagte von sich: dass die Vögel Nester haben und die Füchse Gruben, er aber keinen Platz, wo er sein Haupt hinlegen kann. Unbehaust zu sein, gehört in die Ursprungserzählung unserer Religion. Das erste Gotteshaus der Israeliten war ein Zelt. Gott war mit seinem Volk unterwegs, ein festes Gebäude hatte er nicht. Er braucht es auch nicht. Gott ist bei den Menschen - egal, wo immer sie sich aufhalten, ob nun im Bergwerk, im Café oder in der Weltraumkapsel. Er ist unterwegs mit ihnen. Wir aber haben das Bedürfnis entwickelt, uns Kultstätten zu schaffen. Und so entstanden Synagogen, Kirchen, Moscheen und Tempel. Und dabei ging es dann oft weniger um Gottesverehrung, als vielmehr um Selbstdarstellung. Welche Stadt baut das höchste Gotteshaus, leistet sich die größte Orgel, beherbergt den wertvollsten Goldschatz. Die Favoriten haben wir inzwischen zum Weltkulturerbe erklärt und erfreuen uns an dem, was unsere Vorfahren geschaffen haben. Die Spannung zur Botschaft Jesu aber ist nicht zu übersehen. Die Witwen und Waisen, denen Jesu ganze Zuwendung galt, mussten darben, damit diese Prachtbauten entstehen konnten. So sehr mir an der Wertschätzung und Bewahrung unseres kulturellen Erbes liegt, so sehr gehört es doch in die geschichtliche Verantwortung aller, die da gemeinsam geerbt haben, Christen wie Nichtchristen.
Schauen wir in die Gegenwart, so ist es an der Zeit, darüber nachzudenken, welche Prioritäten wir heute setzen. Das Missverhältnis zwischen riesigen Räumen und winzigen Gemeinden ist unübersehbar. Der Wiederaufbau der Garnisonkirche in Potsdam und der Neubau des House of One in Berlin kosten Millionen. Ich brauche diese Häuser nicht. Schon jetzt müssen Christliche Gemeinden viel zu viel Geld in die vorhandenen Immobilien investieren.
Eine „Schrippenkirche“ in einem Zelt auf dem Alexanderplatz zum Beispiel, wo in der Woche materielle und am Sonntag geistliche Kost serviert wird, wäre ein angemessener Neubau. Und ich glaube, man hätte gute Chancen, in so einer leichten Behausung Jesus zu begegnen.
Es gilt das gesprochene Wort.