Mehr Urlaub oder mehr Geld?

Morgenandacht
Mehr Urlaub oder mehr Geld?
09.08.2018 - 06:35
20.06.2018
Petra Schulze
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Muscheln sammeln. Den Sand durch die Finger rinnen lassen. Ins Sonnenlicht blinzeln. Ein erfrischendes Bad im Meer. Mehr als ein Drittel der Deutschen mag gerne Bade- und Sonnenurlaub. (1) Der Sommer ist einfach die beliebteste Urlaubszeit. Mehr als 12 Tage ihres gesamten Jahresurlaubs nehmen die meisten von Juni bis August. (2)

 

Noch sind in den meisten Bundesländern Sommerferien, da planen jetzt die ersten schon den nächsten Sommerurlaub. Wollen wir, können wir verreisen? Ans Meer oder in die Berge? Oder geht es zu Oma und Opa oder zu Freunden in den Garten? Oder zu Tante und Onkel aufs Land? Je nach Geldbeutel. Hauptsache freie Tage am Stück. Nicht nur Kommunikationsberater und Coaches raten zu echten Ferien – etwas anderes als bloß Urlaub. (3) Ferien – ein schönes Wort! Es stammt aus dem Lateinischen. Feriae bedeutet Festtage, Feste. Frei haben. Das Leben feiern oder einfach geschehen lassen. In den Himmel gucken und Wolken beobachten. Den Wind spüren. Sandburgen bauen und vom Wasser wieder wegspülen lassen. Im Wald am Bach einen kleinen Staudamm bauen. Papierschiffchen fahren lassen. Auf einer Alm Blumen pflücken oder ausgiebig ins Tal gucken.

 

Vor kurzem fragte mich eine Bekannte: „Wenn du die Wahl hättest: Mehr Urlaub oder mehr Geld, wie würdest du dich entscheiden?“ In meinem Kopf ging es los: Mehr Urlaub oder mehr Geld? Sage ich mehr Geld, sieht das so aus als sei ich gierig. Denn ich verdiene gut. Entscheide ich mich für mehr Urlaub, ist das sicher politisch korrekter. Seht her: Ich nehme gerne meine Pausen, weiß was Work-Life-Balance ist.

 

Mehr Geld oder mehr Urlaub. Das hat die Deutsche Bahn im vergangenen Jahr ihre Mitarbeitenden gefragt. Mehr als die Hälfte hat sich für mehr Urlaub ausgesprochen – ungefähr eine Woche mehr. (4) Nur vier von zehn für mehr Geld.

 

Aber: Was sagen die Langzeitarbeitslosen zu dem Thema? Was sagen die prekär oder atypisch Beschäftigten, wie man sie im Fachjargon nennt? Die mit befristeten Verträgen – auch im öffentlichen Dienst. Die in der Zeitarbeit. Die in unterbezahlten Minijobs im Dienstleistungsbereich. Die mit den Teilzeitstellen. Größtenteils Frauen. Armut ist eine bittere Realität. „Fast zehn Prozent der Berufstätigen in Deutschland gelten trotz regelmäßiger Arbeit als arm.“ (5) Das nennt man Erwerbsarmut. Also: Armut trotz Job.

 

Mehr Urlaub oder mehr Geld: Wie schön, wenn man wählen kann. Wenn alle wählen können, weil sie ausreichend Geld haben – alle genug. Die mit mehreren Kindern, kranken Vätern, die ohne richtige Ausbildung und die, die erst wenig Deutsch sprechen.

 

Wie das in etwa gehen könnte, dazu finde ich etwas in der Bibel. In einer Geschichte die Jesus erzählt: von den Arbeitern im Weinberg. (Matthäus 20,1-16), Ein Winzer heuert früh morgens Tagelöhner an – auf einem Marktplatz.

 

Einige Stunden später noch mal welche und dann noch zwei Mal. Kurz vor Arbeitsschluss fährt er noch ein letztes Mal zum Markt. Und er findet immer noch einige, die auf Arbeit warten, und auch sie nimmt er mit in seinen Weinberg. Am Abend zahlt er die Löhne aus. Cash auf die Hand. Mit den zuletzt Angeheuerten fängt er an. Sie kriegen den Lohn, den er den ersten am Morgen versprochen hatte. Die freuen sich insgeheim: „Uns wird er jetzt ja wohl mehr geben. Wir haben schließlich viel länger in der Hitze gearbeitet als die letzten.“ Aber nichts! Auch die Ersten, die den ganzen Tag im Weinberg gearbeitet haben, erhalten nur den vereinbarten Lohn. „Wie ungerecht“, sagen sie. „Warum haben wir so viel geschuftet?“

Der Winzer aber zuckt mit den Schultern und sagt: „Ihr hattet dem Lohn zugestimmt. Bitte beschwert euch jetzt nicht, dass ich auch den anderen gebe, was sie für sich und ihre Familien brauchen.“

 

Tja, Urlaub oder Geld? Schön, wenn man das entscheiden kann. Das geht aber nur, wenn alle bekommen, was sie zum Leben brauchen. Verdient haben das alle – so sieht Gott es zumindest -, wenn man Jesus Glauben schenkt. Und dem schließe ich mich gerne an.

 

  1. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/171447/umfrage/art-der-urlaubsreisen/

 

  1. https://www.stern.de/neon/vorankommen/karriere/urlaub--wie-viele-freie-tage-wollen-die-deutschen--8160508.html

 

  1. https://www.stern.de/wirtschaft/job/frank-behrendt/frank-behrendt--warum-wir-lernen-sollten--wieder-ferien-statt-urlaub-zu-machen-8175602.html
     
  2. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/deutsche-bahn-lieber-mehr-urlaub-als-mehr-geld-15098496.html FAZ: Nun entschied sich mehr als die Hälfte (56 Prozent) für sechs zusätzliche Urlaubstage vom Januar 2018 an, wie die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) am Sonntag mitteilte. Knapp 41 Prozent der Mitarbeiter wählten stattdessen 2,62 Prozent mehr Geld.
  3. https://www.zeit.de/wirtschaft/2017-07/armut-erwerbstaetige-deutschland-hans-boeckler-stiftung

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.

20.06.2018
Petra Schulze