Zuflucht

Wort zum Tage

Gemeinfrei via Unsplash/ Kimberly Farmer

Zuflucht
von Barbara Manterfeld-Wormit
24.01.2023 - 06:20
23.12.2022
Barbara Manterfeld-Wormit
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„Zuflucht zu den Büchern“ – so lautet der Titel für das beste Foto des Jahres 2022 – verliehen vom Kinderhilfswerk UNICEF. Darauf sind zwei Kinder zu sehen – ein Junge und ein Mädchen. Sie sitzen auf wackligen Stühlen in einem zerstörten Haus. Der Boden des Zimmers ist mit Büchern und Trümmern übersät. Es handelt sich um die zerstörte Bibliothek einer Grundschule in der äthiopischen Region Tigray. Dort herrscht Krieg. Das Bild  stammt von einem argentinischen Fotografen. Die Kinder sitzen da mitten im Chaos und blättern in Büchern. Die Welt um sie herum scheint nicht mehr zu existieren. Sie sind in eine  andere Welt getaucht und lassen Krieg und Zerstörung einfach hinter sich. Wir sollten alles dafür tun, damit Kinder auch unter widrigsten Umständen spielen und lernen können, sagte Unicef- Schirmherrin Elke Büdenbender anlässlich der Preisverleihung in Berlin.

Zuflucht zu den Büchern – die Bibel ist so ein Buch, das vielen Menschen immer wieder Zuflucht bietet. Sie entführt in ferne, längst vergangene Welten und in eine bessere Zukunft. Sie entwickelt Visionen von einem guten Leben und die vielleicht größte von einem Leben nach dem Tod. Ich freue mich über jedes kleine Exemplar, das im Hotelzimmer in der Nachttischschublade für Reisende bereit liegt. Damit dieses Buch nicht nur Klerikern und Privilegierten zugänglich war, übersetzte Martin Luther die Bibel ins Deutsche – und erschloss damit eine neue Welt jedem, der lesen konnte. Damit es möglichst viele konnten, schrieb sich die Reformation Bildung auf ihre Fahnen.

Bücher bieten nicht nur Zuflucht. Sie öffnen Räume, in denen ich mich frei und sicher bewegen kann. Sie weiten meinen Horizont und meine Möglichkeiten. Sie schaffen eine neue Realität. Auf dem prämierten Foto fällt das Sonnenlicht draußen auf die Kinder mitten im Chaos. Die neue Zeit, so scheint es, hat in diesem Moment bereits begonnen. Ein trotziges Zeichen gegen die traurige Realität des Krieges. Ein Zeichen aber auch, was wir selber für den Frieden tun können. Heute ist der Internationale Tag der Bildung.  Das Foto aus Äthiopien erinnert uns daran: Bildung ist nicht selbstverständlich. Wir müssen sie wertschätzen und dankbar dafür sein. Für die vielen Willkommensklassen zum Beispiel, die Kinder aus Kriegsgebieten hier bei uns aufnehmen und sie stark machen für eine bessere Zukunft. Danke also heute an alle Lehrenden, an alle, die mit unseren Kindern lesen und an die vielen Autorinnen und Autoren für wunderbare Bücher. Danke für Zuflucht und für Aufbruch, der dadurch möglich wird.   

Es gilt das gesprochene Wort.

23.12.2022
Barbara Manterfeld-Wormit