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Die Sendung zum Nachlesen:
„Es braucht mehr Mut zum Frieden als für den Krieg.“ Dieser Satz ist mir wieder in die Hände gefallen. Der Papst hat ihn gesagt, vor bald zehn Jahren. Er hatte den damaligen israelischen Präsidenten Shimon Peres und den Palästinenserführer Mahmud Abbas eingeladen, um mit ihnen in den vatikanischen Gärten zu beten: Die Gewalt möge endlich aufhören. Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern.
„Es braucht mehr Mut zum Frieden als für den Krieg.“
Wenn ich den Satz heute höre, dann bekomme ich einen Kloß im Hals. Tränen der Wut und der Verzweiflung steigen hoch. Die Gewalt in Israel und Palästina flammt immer wieder auf, der Krieg in Syrien hat nie aufgehört, der Krieg in der Ukraine geht weiter. Gibt es denn keine mutigen Menschen? Mutig im Sinne dieses Satzes von Papst Franziskus?
Wenn ich durch Nürnberg laufe, dann fallen mir immer wieder kleine Grüppchen auf, sie stehen entweder vor der Lorenzkirche oder am Denkmal für Flucht und Vertreibung. Im Wind flattert eine quadratische Fahne mit weißer Taube auf blauem Grund. Es sind vielleicht sechs, acht Männer und Frauen, alle im gesetzten Alter. Vor der Lorenzkirche stehen sie am frühen Abend, schweigen für den Frieden. Am Denkmal für Flucht und Vertreibung spricht ein Mann mit weißem Rauschebart in ein Megafon, die Menschen strömen an ihm vorbei, keiner hört zu. Sie stehen da gefühlt schon immer, seit Jahren, einmal die Woche. Als der Krieg gegen die Ukraine begann, da waren es auf einmal viele Hunderttausend, in Nürnberg, in Paris, weltweit wurde demonstriert. Sie alle wollen den Frieden. Für sich, für ihre Nächsten, für alle Menschen auf dieser Welt, besonders für das ukrainische Volk, auch für das russische, afghanische, iranische, jemenitische,….
Wo sind sie heute, die Friedensdemonstranten? Wo sind die Friedensgebete in den Kirchengemeinden?
Die geistliche Gemeinschaft Sant‘ Egidio hat nie aufgehört zu beten. Sie wurde 1968 in Rom als Laienbewegung von Schülerinnen und Studenten gegründet. Grundlage des gemeinschaftlichen Lebens sind das tägliche gemeinsame Abendgebet und die Eucharistiefeier. Auch in Deutschland gibt es Sant‘ Egidio, in Würzburg oder München. Das internationale Friedenstreffen im September in Berlin steht unter dem Motto „Den Frieden wagen“. Soziales Engagement und der Einsatz für Frieden und Menschenrechte sind wichtige Inhalte der Gemeinschaft. Als Moderatorin oder Beobachterin war sie an zahlreichen erfolgreichen Friedensverhandlungen beteiligt, unter anderem für Guatemala, den Kosovo und die Elfenbeinküste. Ihr bedeutendster diplomatischer Erfolg ist die Vermittlung des Friedensvertrags für Mosambik, der einen sechzehnjährigen Bürgerkrieg beendete.
Kardinal Matteo Zuppi, den der Papst zum Sonderbeauftragten für den Frieden in der Ukraine ernannt hat, gehört zu Sant‘ Egidio. Er ist seit Mai unermüdlich unterwegs in der Ukraine und vor kurzem auch in Moskau. Ein mutiger Mann der Diplomatie und des Friedens.
„Es braucht mehr Mut zum Frieden als zum Krieg.“ Der Mut besteht darin, sein Gesicht zu zeigen, die eigene Verletzlichkeit, die Offenheit. Auch bei einer Demonstration in einem friedlichen Land wie Deutschland, wo die Beschimpfung „Ihr seid ja naiv“ noch die freundlichste ist! Wer für den Frieden steht, muss vielleicht auch aushalten, dass es keine Antwort gibt. Und nicht sofort eine Gerechtigkeit. Aber im Frieden wird nicht mehr gedroht, geschossen und gestorben. Es weht die weiße Flagge. Sie steht für den unbedingten Willen zum Frieden und sie wird von allen respektiert.
Mit meinen Gedanken und Gebeten bin ich bei all denen, die sich seit Jahren für den Frieden einsetzen, die mutig sind und sagen: ich will nichts mehr befeuern, ich will in Frieden leben. Was für mutige Menschen.
Es gilt das gesprochene Wort.