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Aus dem Briefumschlag fällt mir die Karte direkt in die Hände: Zwei lachende Männer darauf! Sie halten sich im Arm. Hinter ihnen kann man auf dem Foto die Steilküste erkennen. Sieht nicht ganz ungefährlich aus. Aber das scheint die Beiden nicht wirklich zu stören. Sie haben in ihren 25 gemeinsamen Jahren schon an ganz anderen Klippen gestanden. Ihr Lächeln ist herzwärmend und zeigt, was sie aneinander haben. Eine Liebe, die gegen eine Menge Widerstände arbeiten musste, die sich anhören musste, dass sie nicht erwünscht ist, dass sie verkehrt ist. Jetzt feiern die Beiden ihr gemeinsames Viertel Jahrhundert – getragen auch von vielen Freunden, Familie, Kollegen. Eine Liebe, die über alle Klippen hinweg darauf setzen konnte, unterstützt zu werden. Als sie sich kennengelernt hatten, schien eine Trauung noch unerreichbar fern. Seit einer ganzen Weile ist aber auch das gelungen. Die beiden sagen mit ihrer Karte danke für allen Rückenwind. Sie haben sich gemeinsam mit anderen Liebenden auch die gleichen Rechten in der Gemeinschaft Jesu Christi, in der evangelischen Kirche erstritten. Es macht mich dankbar, in einer Kirche zu leben, die sich mit ihrer Geschichte der Stigmatisierung von Menschen auseinandergesetzt hat. Die endlich begriffen hat, es gibt keine Norm, wie wir zu lieben haben. Viele Menschen in der Kirche und weit darüber hinaus teilen das! Ich auch. Umso schmerzhafter das Gedenken an einem Spätsommertag dieses Jahres vor vier Stolpersteinen. Gerade frisch verlegt! Sie erinnern die Namen und Geschichten von vier Männern, die vor 80 Jahren, also1943, zu Tode kamen: Hans-Heinrich Festersen, Ernst Hirning, Fritz Lemme und Friedrich Riemann. Sie waren zwischen 30 und 40. Einzig wegen ihrer Homosexualität wurden sie hingerichtet, ein Euthanasie-Mord. Der konnte damals auch von ihrem Pfarrer nicht abgewendet werden. Dieser hatte sich mit aller Kraft dagegen zu wehren versucht. Als wir 80 Jahre später vor den Stolpersteinen stehen, tragen die Konfirmanden aus Lobetal im Nordosten von Berlin ihre Recherchen zu den Geschichten hinter diesen Namen vor. Die Konfis ahnen, wie sehr es darauf ankommt, sich nicht abzufinden mit dem, was geschehen ist. Und wir Umstehenden ahnen, wie sehr es darauf ankommt, nicht zu vergessen, wozu Menschen in der Lage sind. Heute freue ich mich über jedes Paar, das in einer Liebe verbindlich und verlässlich zusammen leben möchte, dass sich in einer Kirchengemeinde trauen lässt, ob gleichgeschlechtlich, queer, heterosexuell. Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist: der Liebe in all ihren Formen eine Chance geben. Hass und Homophobie zerstören die Seele. Die Liebe, vielfältig und bunt, sie tut der Seele, der Seele einer ganzen Gesellschaft gut.
Es gilt das gesprochene Wort.