Wasserwandeln und Schwimmen

Wort zum Tage
Wasserwandeln und Schwimmen
18.02.2017 - 06:23
13.02.2017
Evamaria Bohle

Gesetzt den Fall, die Bibel hätte Recht. Auf ihre ganz eigene Art. Gesetzt den Fall, es wäre keine Zeitverschwendung, sich mit ihr zu beschäftigen. So wie ein Waldspaziergang keine Zeitverschwendung ist oder das Genießen einer Aussicht. Oder das Schwimmen lernen.

 

Die Scheu vor dem Wasser. Das fremde Element, in dem nicht mehr gilt, was gilt, wenn man auf seinen zwei Beinen unterwegs ist. Laufen lernen ist ja eines der frühen Abenteuer, an das sich keiner erinnert: Wie es ist, das Gleichgewicht zu halten, einen Fuß vor den anderen zu setzen – ohne umzufallen, wie der Boden einen trägt, obwohl doch der ganze Körper nur auf zwei Füßen steht. Zunächst schwankend, oft stürzend, aber immer wieder aufstehend und bald immer sicherer. Wenn ein Kind laufen lernt, verändert sich so viel: Eine neue Welt. Ein weiterer Horizont. Wer laufen kann, kann fast alles.  Doch dann fährt das Kind ins Schwimmbad, an den See, ans Meer und macht eine neue Erfahrung: Wasser ist anders. Das Gelernte reicht nicht aus. Wer ins Wasser geht, kommt als Fußgänger nicht weit. Es ist mühsam zu laufen, gefährlich, wenn der Boden verschwindet. Sogar das Atmen scheint riskant.

 

Aber „ER wandelte auf dem Meer“, erzählt das Markusevangelium. ER ist natürlich Jesus. Er wandelt also auf dem Wasser, und jedes Kind im Schwimmbad weiß, dass an diesem Satz etwas nicht stimmen kann. Oder wie haben Sie schwimmen gelernt? - Haben Sie viel Wasser geschluckt, spüren Sie noch etwas davon, wie es in der Nase brannte, wie die Panik kam, wie Sie strampelten und um sich schlugen, weil es eben doch nicht trug, dieses Wasser. Ruhig hinlegen und weiteratmen? Von wegen: Sie gingen unter, wie ein Stein. Vielleicht hatten Sie Glück, und es war eine Hand in Ihrem Rücken oder unter Ihrem Bauch. Zog Sie hoch, wirbelte Sie lachend im Kreis, und das Wasser spritzte. Oder brachte Sie zurück an den sicheren Beckenrand und spottete nicht über Ihre Tränen. Jemand, dem Sie vertrauten wie dem Boden unter Ihren Füßen. Der wunderbarerweise immer noch Halt geben konnte, auch wenn es schon lange tief war. Wie sehr braucht ein Kind einen solchen Menschen, wenn es den Boden verliert. Einen Wasserwandler, einen, der Wasser in einen sicheren Ort verwandeln kann, wenigstens bis wir schwimmen können.

 

In jedem Fall gilt: Wer Schwimmen lernen will, muss ins Wasser, und wer den Wasserwandler erleben möchte, muss sich aufs offene Meer wagen. Ins Unbekannte. Ob Jesus schwimmen konnte, wissen wir nicht. Aber die Angst nehmen, das konnte er wohl. Und er kommt einem entgegen, wenn man den Boden verliert.

13.02.2017
Evamaria Bohle