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Die Sendung zum Nachlesen:
Manchmal muss man das Leben einfach feiern. Großzügig sein. Jesus erlebt das zwei Tage vor seinem Tod. Er ist bei einem wohlhabenden Freund eingeladen, als überraschend eine Frau in den Festraum kommt. Sie gießt Jesus wertvollstes Öl über den Kopf, eine Kostbarkeit. Ein Tagelöhner hätte dafür ein Jahr lang arbeiten müssen. Der Raum dürfte mit dem Duft des Öls geflutet worden sein. Sofort flammt Empörung auf. Wenn man das Öl verkauft hätte, statt es so zu verschwenden, dann hätte man das Geld den Armen geben können.
Jesus stellt sich schützend vor die Frau. Er lässt es zu, dass sie überschwänglich ist, voller Hingabe. Verschwenderisch, ohne auf die Kosten zu achten, berauschend, überfließend wie die Liebe Gottes. Mit dem Duft der Salbe entfaltet sich eine Ahnung im Raum: So könnte es sein, wenn die Welt für Augenblicke so ist, wie Gott sie einmal gewollt und geschaffen hat: wohlriechend, voller Liebe und Hingabe. Ohne Krieg und Schmerz, Leid und Gewalt. Eine Welt in Frieden. Duftend. Und Gott sah, dass es gut war.
Das Öl hätte verkauft und der Erlös für Arme eingesetzt werden können. Formal richtig. Sich für Benachteiligte und Arme engagieren, sich für Gerechtigkeit in der Gesellschaft einsetzen, das ist immer und überall eine Kernaufgabe. Jesus hat Christinnen und Christen den Einsatz für die Schwachen sozusagen ins Stammbuch geschrieben. In vielen Religionen gehört das zum Grundprogramm. Aber nicht nur fromme Menschen kennen die Verpflichtung, anderen in Not zu helfen.
Diese Begegnung beim Festmahl mahnt: Vergiss über dem Einsatz für die Gerechtigkeit das Leben nicht. Oder um es mit den Worten des Liederdichters Wolf Biermann zu sagen: Du, lass dich nicht verbittern in dieser bittern Zeit.
Der Einsatz für eine bessere Welt kann nämlich ermüden. Wenn alles Engagement fruchtlos erscheint, wenn immer wieder die triumphieren, die sich selbst an die erste Stelle setzen. Wenn die Kriegstreiber und Diktatoren unbeirrt töten und siegen. Dann kann das hart machen, humorlos und traurig. Ich stelle mir die Gegner der Frau an diesem Abend in Jerusalem so vor, frustriert und erschöpft in einem scheinbar vergeblichen Kampf für eine bessere Welt.
Ich kann mich da gut einreihen. Mit meinem Zorn über ungerechte Verhältnisse, die scheinbar unverrückbar bleiben. Mir scheint: Für alle, die es ernst nehmen mit der Botschaft Jesu, die sich nicht abfinden wollen mit den Ungerechtigkeiten dieser Welt und zugleich darüber müde geworden sind, für sie ist diese Begegnung Jesu mit der Frau mit dem Salböl bewahrt worden.
Die Frau schenkt Jesus jedoch noch mehr als kostbares Öl. Sie zeigt ihm in ihrer Hingabe, was er selbst zu tun hat. Sie spiegelt, was er ist. Bei ihr erfährt er eine Resonanz auf das, was er gewollt, gelebt, erzählt und gepredigt hat. Die Botschaft ist bei ihr angekommen. Seine Jünger, die seit Monaten mit ihm unterwegs sind, die sein Leben teilen, die seine Heilungen miterleben, seine Erzählungen aufsaugen: Sie verstehen nichts.
Aber diese Frau: Sie handelt, als ob sie jetzt schon Teil der kommenden Welt Gottes ist, von der Jesus mit aller Kraft erzählt hat auf dieser wilden Reise seines Lebens.
Du, lass dich nicht verbittern! Lebe! Liebe!
Wie gut, wenn wir uns in unserem Leben für Menschen einsetzen. Ich hoffe aber auch, dass es genügend Tage gibt und geben wird, an denen wir – trotz aller Kriege, trotz aller Bosheit der Welt - ausgelassen, unvernünftig, verschwenderisch lieben und leben können. Dass wir Tage erleben, in denen die Luft nach Gottes Liebe duftet.
Es gilt das gesprochene Wort.