Morgenandacht
Gemeinfrei via unsplash/ Letícia Pelissari
Steh auf und leuchte!
Morgenandacht von Pastorin Cornelia Coenen-Marx
22.05.2024 06:35

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Die Sendung zum Nachlesen: 

„Steh auf und leuchte!“ Der Titel dieses Buchs springt mir gleich ins Auge. Es gehört zu dem Päckchen, das man bei einer Frauenzeitschrift bestellen kann - mit dem Duft „Forever you“ und verschiedenen Schönheitsseren. Und diesem Buch: „Steh auf und leuchte. Damit das Glück dich finden kann“. Was bringt uns zum Leuchten?

Es gibt ja tatsächlich Menschen, die alles überstrahlen. Sie kommen in einen Raum und es wird hell. Ist es das Glück, das sie so leuchten lässt? Oder strahlen diese Menschen, weil sie ganz mit sich im Reinen sind? In der christlichen Tradition erzählen Heiligenscheine von dem Glanz, der manche Menschen umgibt. Aber diese Heiligen waren nicht unbedingt glücklich, im Gegenteil – oft waren es Männer und Frauen mit Verletzungen und Brüchen in ihrem Leben. Aber sie waren mit Gottes Energie erfüllt – und die spürte man sogar in ihrem Schmerz. Als leuchtete das Licht aus den Brüchen. 

Das Neue Testament nennt alle Christinnen und Christen Heilige. Aber viele sehen sich selbst nicht so. Die meisten haben eher das Gefühl, ein kleines Licht zu sein. Nur ein kleines Licht. Eine kleine Flamme. Vielleicht wie die, von der die Pfingstgeschichte in der Bibel erzählt.

Da sitzen die Freundinnen und Freunde Jesu am Morgen in einem abgeschlossenen Raum – ängstlich und traurig darüber, dass Jesus nicht mehr bei ihnen ist. Der hatte dieses Leuchten, das so viele Menschen inspiriert hat. Und wie sie da sitzen im Halbdunkel des Morgens, da sehen sie plötzlich Feuerflämmchen über den Köpfen. Von jedem und jeder. Kleine Lichter, die brennen, aber nicht verbrennen. Die flackern, aber nicht verlöschen. Die ganze Gruppe leuchtet, als wäre das Feuer von Jesus auf sie übergesprungen. Als hätte er sie angesteckt mit seiner Energie.

Und dann halten sie es nicht mehr aus in dem Raum. Sie gehen raus auf die Straße, wo Menschen aus aller Welt unterwegs sind. Denn in Jerusalem feiert man Erntedank und Juden von überall her sind gekommen. Denen erzählen sie von Jesus – und jetzt geschieht das wirklich Unglaubliche: Die anderen verstehen sie. Ganz ohne Dolmetscher und Sprachcomputer. Über alle Sprachgrenzen hinweg. Die Bibel spricht vom Pfingstwunder. Dem Wunder der Völkerverständigung.

„Ich bin dankbar für jede Stimme, die sich für unsere Gemeinschaft stark macht. Für jede Flamme, die sich der aufziehenden Dunkelheit entgegenstellt“, schrieb kürzlich eine Bekannte in den sozialen Netzwerken, aus X, früher Twitter. Sie nennt sich Demoguardian. Demokratieschützerin. „Wir sind die letzte Linie unserer Demokratie, der Zukunft unserer Kinder, unseres Friedensprojekts in der EU. Bitte werdet nicht leise, verdunkelt euer Feuer nicht. Geht voran mit großem Mitgefühl für unsere Nachbarn. Über alle Grenzen hinweg.“

„Verdunkelt euer Feuer nicht!“ Macht euch nicht klein, weil ihr denkt, ihr wärt nur ein kleines Licht. „Wer bin ich eigentlich, dass ich leuchtend, hinreißend, talentiert und fantastisch sein darf?“, hat Marianne Williamson geschrieben – und sie antwortet sich gleich selbst. „Wer bist du denn, es nicht zu sein? Du bist ein Kind Gottes. Dich selbst klein zu halten, dient der Welt nicht.“

Nelson Mandela hat diese Worte bei seinem Amtsantritt zitiert. Auch einer mit Verletzungen und Brüchen, der gerade deshalb strahlte. Nach all den Jahrzehnten, in denen Menschen klein gemacht wurden nur wegen ihrer Hautfarbe, wollte er seine Leute aufrichten. Ihnen ein neues Selbstbewusstsein geben.

Denn Marianne Williamson hat recht. Sie schreibt: „Unsere tiefste Angst ist nicht, dass wir unzulänglich sind. Unsere tiefste Angst ist, dass wir unermesslich machtvoll sind. Es ist unser Licht, das wir fürchten, nicht unsere Dunkelheit.“

Tatsächlich, es kann bequem sein, sich in der Dunkelheit einzurichten, im Jammern und im Klagen. Uns selbst und die Welt verkommen zu lassen. Aber das kann es doch nicht sein. Da halte ich mich lieber an das Motto aus dem Buchpaket: Steh auf und leuchte.

Es gilt das gesprochene Wort.