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Die Sendung zum Nachlesen:
Er ist ein großer Schweiger. Er spricht nicht für sich selbst. Darum will ich es tun. Ich will hier ein Loblied auf diesen Mann singen. Er gehört zu denen, die leicht unterschätzt und übersehen werden. Und er wehrt sich nicht dagegen, denn wie gesagt: Er ist kein Mann des Wortes. Doch dafür ist er ein Mann der Tat. Und wie. Er ist ein Lebensretter, nicht nur ein Mal.
Aber ich fange am Anfang an. Wer seine Mutter war, ist nicht bekannt. Sein Vater hieß Jakob. Das kann man in seinem Stammbaum nachlesen. Der macht richtig was her. Einer der Vor-vor-vorfahren von ihm war ein König. Lang ist’s her. Funkelnde Vergangenheit. Aber eine, die nicht recht vergehen will. Sie glüht nach in den Phantasien; viele wünschen sich, dass diese goldenen alten Zeiten wiederkommen. Er hört oft solche Reden, wenn er in seiner Werkstatt dicke Bretter schneidet und Nägel ins Holz haut.
Seine Zukunftspläne sehen nüchterner aus. Ganz normal. Er ist noch jung. Er ist verlobt. Demnächst Heirat. Dann Kinder. Das Übliche. Aber durch diese Rechnung hat irgendwer einen dicken Strich gemacht. Wer? Unbekannt. Seine Verlobte ist schwanger. Aber nicht von ihm. Hat sie ihn betrogen? Ist ihr Gewalt angetan worden? Sie spricht nicht. Er auch nicht.
Er will sie verlassen. So sind die Zeiten seinerzeit. Er ist doch kein Trottel. Nein, der Sepp ist kein Depp. Er wird sich trennen. Er könnte es mit Trara und viel Aufsehen tun. Das wäre ihre Vernichtung, sozial und überhaupt. Aber er ist anständig, grundgütig. Er bringt es nicht übers Herz, die Frau zu demütigen. Nein, er wird nicht viel Aufhebens von der Trennung machen. So hat er es vor.
Aber eines Morgens wird er wach und weiß, dass er bleiben wird. Er muss ihr Leben retten, und das des Kindes. Er ist eigentlich überhaupt kein Träumer. Aber diesmal hat er geträumt – von einer Stimme, die ihn angesprochen und ihm eindringlich gesagt hat: Josef, hab keine Angst. Für ihn ist es Gottes Engel, dem diese Stimme gehört. Sie sagt Josef, dass er der Vater für dieses Kind sein soll als wäre es sein eigenes. Es wird sein Sohn. Er wird ihn Jesus nennen.
Und dann wird Josef wieder zum Lebensretter. In der ganzen Bibel spricht er kein Wort, kein einziges. Er wird darum nie zitiert mit irgendwelchen bemerkenswerten Sätzen. Aber er glänzt durch seine rettenden Taten. Josef ist alles andere als ein alter Kerl, der zu nichts weiter zu gebrauchen ist als neben Ochs und Esel zu stehen und die Laterne zu halten. Josef ist selbst ein ganz helles Licht, weitsichtig und wärmend. Er zögert nicht, als die Todesschwadron des Königs Herodes das Kind umbringen will. Er handelt unverzüglich. Er nimmt Maria und das Neugeborene und flüchtet ins Ausland, nach Ägypten, um sie in Sicherheit zu bringen. Dort lebt die Flüchtlingsfamilie, bis Herodes tot ist.
Danach wird Josef nicht mehr erwähnt. Halt doch. Jesus hatte vier Brüder: Jakobus, Joses, Judas und Simon und auch Schwestern (Markus 6,3), deren Namen in den alten Schriften leider nicht erwähnt werden. Jedenfalls hatte Josef mit seiner Frau Maria ein lebendiges Ehe- und Familienleben.
Wer und wie dieser Josef historisch war, entzieht sich unserer Kenntnis. Der Vater des Jesus von Nazareth, ja. Ein Zimmermann in Nazareth, wahrscheinlich. Ein Spross aus dem Stammbaum des Königs David, kann sein. Das Wissen hört sehr schnell auf. Josef ist vor allem eine Erfindung der Autoren Lukas und Matthäus in ihren Geburtslegenden vom Messias Jesus. Er ist Legende, also das, was über ihn zu lesen ist. Und das tun wir zum Glück immer noch, bis heute: lesen, lesen, lesen und erzählen von diesem beherzten Mann, der im besten Sinne hintergründig ist, der so besonnen und uneitel weiß, wann es auf ihn ankommt. Ein legendärer Mensch, ganz lauter und ganz leise mit Ohren für Gottes Stimme.
Ohne solche würde Weihnachten ausfallen.
Es gilt das gesprochene Wort.