Nach der Zeit unter Wasser hört Jona genauer hin

Morgenandacht
Nach der Zeit unter Wasser hört Jona genauer hin
14.11.2019 - 06:35
18.07.2019
Claudia Aue
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Jeden Tag ein bisschen Jona. Das denke ich oft, wenn ich mich frage: Was ist mein Auftrag? Oder: Wovor laufe ich gerade weg? Jona ist mein biblischer Lieblingsmensch. Dieser widerspenstige Prophet.

 

Er ist ein „Meermensch“: Denn unten, im Bauch des Fisches, fängt er noch mal neu an zu denken. Aber von Anfang an: „Es geschah das Wort des HERRN zu Jona, dem Sohn Amittais.“ Der dies erzählt, besteht darauf: Dieser Jona ist ein genau in der Geschichte verorteter Mensch – und der erhält einen Ruf von Gott.

 

Von Gott angesprochen? Von Gott berufen? Jona weiß, was er tun muss, ihn hat eine Stimme ins Zentrum seiner Person getroffen. Das Wort Gottes ging direkt zu ihm. Aber er lief weg, in entgegengesetzte Richtung, kam nach Jaffa und fand ein Schiff... In der biblischen Geschichte heißt es: „Er zahlte Fährgeld und trat hinein, um mit ihnen nach Tarsis zu fahren und dem HERRN aus den Augen.“ Ob er meint, dort Gott entrinnen zu können? Jona will den Auftrag loswerden, will machen, was er will; jedenfalls, wovon er meint, dass er es will. Doch er kommt in Schwierigkeiten.

 

Da schleuderte der HERR einen großen Wind aufs Meer und es erhob sich ein großer Sturm auf dem Meer, dass das Schiff zu zerbrechen drohte. Und die Schiffsleute fürchteten sich und schrien, ein jeder zu seinem Gott, und warfen die Ladung, die im Schiff war, ins Meer, dass es leichter würde. Aber Jona war hinunter in das Schiff gestiegen, ganz hinten und war in einen Tiefschlaf gefallen.“

 

In Ruhe wird er dort aber nicht gelassen. Einfach abzutauchen, das funktioniert nicht. Aber wie bei Jona funktioniert das auch bei mir nicht. Obwohl ich mir manchmal gern einfach die Bettdecke über den Kopf ziehen würde, um in einen Tiefschlaf zu fallen. Die Schiffsleute stellen Jona und letztlich bietet er ihnen sogar an, dass sie ihn ins Meer werfen. Was nach einigem Hin und Her geschieht.

 

Er landet im Bauch eines Fisches. Unglaublich lang erscheint ihm diese Zeit. Drei Tage unter Wasser. Dunkel, nass, unheimlich. Und Jona fängt an, zu beten „Wasser umgaben mich und gingen mir ans Leben, die Tiefe umringte mich und Schilf bedeckte mein Haupt“.

 

Das Schilf erinnert mich an eine Gruppe von Kubanerinnen und Kubanern. Mit ihnen diskutierte ich vor langer Zeit über Jona. Die Kubaner erzählten, dass ihnen wirtschaftlich das Wasser bis zum Hals stand. Sie sorgten sich, wie sie ihre Kinder gut groß bekämen – damals bekamen diese nur bis zum siebten Lebensjahr Milch zugeteilt. Aber irgendwann meinten sie beim Diskutieren: „Vielleicht können wir das Schilf ja auch kochen“ und grinsten. – Keine Ahnung, was mein Schilf heute ist. Wirtschaftlich muss ich sicher nicht leiden. Mit anderen verglichen lebe ich wie eine Made im Speck. Aber Jonas Weg ist mir trotzdem vertraut: Etwas tun sollen, zu dem ich mich berufen fühle. Wieder nicht getan, wozu ich mich berufen fühle, was ich tun sollte, vielleicht. Weggelaufen. Das Wasser bis zum Hals. Schilf auf dem Kopf und um den Hals. Muss es denn immer erst ganz dunkel werden, damit ich aufwache?

 

Bei Jona ist das offensichtlich so. Er bekommt eine zweite Chance: „Dann sprach der HERR zu dem Fisch, und der spie Jona aus ans Land.“ Erst als Gott zum zweiten Mal zu Jona spricht, hört er ihn. Erst, nachdem er über Bord gegangen ist, ergreift er seine Chance: vielleicht doch noch der zu werden, zu dem er berufen ist.

 

In der Geschichte geht er schließlich doch nach Ninive, ganz so, wie es sein sollte. Die Wasser-Zeit hat ihn verwandelt. 72 lange Stunden war er im Dunkel in der Tiefe, Schilf auf seinem Kopf. Und zumindest für eine Weile macht er es danach anders als zuvor. Er hat etwas gelernt da unten im Fischbauch – er hört noch einmal genauer auf das, was Gott ihm aufträgt. Und er erfährt: Gott hat Erbarmen mit den Menschen.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

18.07.2019
Claudia Aue