Quelle in der Wüste

Morgenandacht

Gemeinfrei via Unsplash/ Robert Bye

Quelle in der Wüste
Morgenandacht von Evamaria Bohle
13.02.2023 - 06:35
29.01.2023
Evamaria Bohle
Sendung zum Nachhören:

Feedback zur Sendung? Hier geht's zur Umfrage! 

Die Sendung zum Nachlesen: 

„Und der Engel G‘ttes fand sie an einer Wasserquelle in der Wüste.“  Seit ein paar Tagen schon schwingt dieser Satz in mir. Er gluckert und funkelt in der Dürre. Er kühlt die Hände, die Stirn, er löscht meinen Durst. Plätschert im Sand der Gedanken. Ich lasse mich berühren vom Bild der Quelle, des Engels, der Wüste. Es sprudelt und grünt aus den Worten.

An der Quelle sitzt eine Frau. Sie hat Entscheidungen getroffen, und andere habe Entscheidungen über sie getroffen. Es ist kompliziert. Sie ist in der Wüste gelandet. Und es gibt keinen Plan B. Aber es gibt diese Quelle. Pause, Ruhe, Trinken. Nichts ändert sich grundsätzlich. Die Wüste ist immer noch Wüste, Schrecken und Schönheit. Die Zukunft liegt immer noch in Finsternis. Aber es ist Wasser in der Wüste. Oasenzeit. Iss, trink, mach Pause. Ja, du hast einen weiten Weg vor dir. Niemand sagt, es wird einfach. Aber: Wo Wasser ist, erwacht Leben. Auch in der Wüste macht das einen Unterschied:

Pflanzen können Wurzeln schlagen. Blättchen und Hälmchen und Blüten bilden, man kann auf Palmen hoffen, auf Datteln. Es wächst wie von alleine. Iss und trink. Du sollst leben. Wer in der Wüste den Weg zur Quelle findet, hat sein wichtigstes Problem gelöst. Wasser ist Leben. Das Paradies lässt grüßen. Das gilt auch für Wüstenzeiten im übertragenen Sinne. An der Quelle sitzt eine Frau. Sie trinkt. Ich setze mich zu ihr.

Ihre Geschichte ist kompliziert. Aber sie sind immer kompliziert, unsere Geschichten. Mal farbenfrohe, mal düstere Entscheidungsgeflechte. Wer A sagt, muss nicht unbedingt B sagen. Zu wissen, was kommt, ist keine Selbstverständlichkeit. Auch wenn wir gerne so tun, als ob das so wäre.

Hagar, so heißt die Frau an der Quelle, kann ein Lied davon singen, das plötzlich alles anders ist. Nachzulesen 1. Mose 16. Gerade noch Hoffnungsträgerin, jetzt in der Wüste. Sie ist schwanger. In ihr wächst ein Kind, ein Mensch, ein ganzes Volk vielleicht. Was für eine Verantwortung. In ihr wächst eine Welt. 

„Und der Engel G‘ttes fand sie an einer Wasserquelle in der Wüste.“

Wüste, Quelle, Engel. Das ist der Dreiklang für uns durstige Hoffnungsträger:innen. Wüstentonarten kennt jedes Leben. Die Frage ist, wo ist die Wasserstelle in der Wüste? Was nährt Körper, Seele, Geist, wenn du wieder in the fucking desert gelandet bist? Aus welchen Gründen auch immer.

Regel Nummer 1: Nicht zulassen, dass die Wüste mich schluckt. Nicht sitzenbleiben, auch wenn die Leere überwältigt. Die Weglosigkeit. Fokus! Wo ist die nächste Quelle? Wo stille ich meinen Durst. Nicht morgen, nicht in Zukunft. Sondern heute. Jetzt und hier.

Der Weg, den wir noch nicht kennen, geht immer von Wasserstelle zu Wasserstelle. Wasser ist Leben. Wüstenwandern für Dummies. Es ist ganz einfach. Es ist das Schwerste. Wo lebt unsere Wüste? Oder anders: Was stillt den Durst der Seele, wenn sie in der Wüste unterwegs ist? Was verbessert das Befinden so unmittelbar, wie ein Schluck Wasser den Durst? Auf diese Fragen Antworten zu finden, hilft. „Und der Engel G‘ttes findet sie an einer Wasserquelle in der Wüste.“

An der Quelle sitzt eine Frau, die sich zu helfen weiß. Übrigens hat sie gar keine Engel gesucht, als sie gefunden wird. Sie ist nicht mal zuhause in dieser Religion, in der G‘tt Boten schickt. Sie wird trotzdem gefunden.

Dieser Engel jedenfalls, der ungefragt in ihrer Weglosigkeit erscheint, ist nur ein Wort. Eine Stimme, die meinen Namen kennt und das Kreisen der Gedanken für einen Moment unterbricht. Der Durst ist gestillt, die Existenzangst macht eine Pause.

Es gilt das gesprochene Wort.

29.01.2023
Evamaria Bohle