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Sendung zum Nachlesen:
Das ist eine schwache Leistung, Sven. Du brüllst und pfeifst für die Bayern, solange sie Meister sind. Und wenn es gerade einmal nicht so gut läuft, dann drehst Du ihnen den Rücken zu. Bist du nicht zu jedem Spiel gefahren, an dem du nur irgend konntest und hast sie gefeiert, bis du nicht mehr aus den Augen gucken konntest? Nächsten Tag auf Arbeit – den Kater hast du gerne ausgehalten. Du hast doch, als sie wieder und wieder Deutscher Meister geworden sind, dir mit Leuten in den Armen gelegen, die du sonst nicht mit dem Hintern angucken würdest. Du hast dich – gib es doch zu – stark gefühlt, weil ‚ihr Meister‘ seid, und hast gejohlt und gebrüllt.
Aber jetzt hast du den Schal vom Haken genommen, der sonst über deiner Couch hängt.
Was soll das sein? Bist Du nur Fan, wenn es ums Siegen geht? Oder kannst Du auch Fair-Play? Kannst du mal bitte Stärke zeigen im Verlieren? Geht das?
Das wäre eine Kompetenz, die es wirklich braucht in dieser Welt. Da könntest Du mal echt einen Beitrag leisten. Nicht bloß für die Bayern.
Ach – ich verstehe nichts von Fußball? Stimmt, absolut.
Aber weil ja so schön viel meiner Steuern für Euch Fans ausgegeben werden, finde ich, dass ich mitreden darf. Die ach so gerne ins Feld gefühlte ‚integrative Kraft des Fußballs‘ – hier könnte sie sich mal beweisen. Eure Rücken im Stadion – das ist kein Team-Spirit, sorry, wenn ich das sagen muss, aber das hat keinen Stil.
„You’ll never walk alone“ – das hat was. Ich bin kein BVB-Fan, ich bin – was das angeht – niemandes Fan. Aber ich interessiere mich dafür, was es mit Menschen macht. Die einen sind betrunken, wenn sie gewinnen, und – au wei, wenn sie nur das können: gewinnen. Andere heulen wenigstens gemeinsam, wenn sie verlieren. Das hat etwas.
Ich interessiere mich für alles, was Menschen zusammenhalten lässt. Meinetwegen eine Fußballmannschaft. Kann aber auch jeder Verein sein, jedes Dorf, jede Familie. Was hilft, eine Schlappe wegzustecken? Eine Niederlage auszuhalten? Das ist doch interessant, oder?!
Ah – Ihr könnt einstecken? Ja, ist doch prima. Dann zeigt Eure Gesichter, nicht die Hintern. Ob es morgen klappt oder nicht. Besonders, wenn nicht.
Ich finde, Meisterschaft ist es auch, wenn wir als Gesellschaft den Dreh finden, zusammenzubleiben, wenn es eng wird. Das wäre Teamspirit. Der trägt weit. Vor allem: Über das Fußballfeld hinaus.
O.k., Svenni, Du willst Siegertypen, Helden, Überwinder. Versteh ich gut. Aber dann, wenn der Fernseher aus ist, dann kommt das wahre Leben. Und da ist es doch so: Wir können nicht alles allein aus unserer Kraft heraus. Und – um alles in der Welt – wir müssen es ja auch nicht.
Weitergehen, wenn es eng wird. Wenn wir geloost haben. Wenn jemand anderes stärker war. Oder wenn wir – warum auch immer – den Kontakt zueinander verloren haben. Dann brauchen wir jemanden, der uns hilft.
Ich glaube an eine Himmelsmacht, die uns zusammenbringt. Wie immer wir sie nennen. Die alte Kirche nennt sie den Heiligen Geist. Pfingsten weht er vom Himmel, begeistert die Menschen und macht, dass sie sich verstehen und unterstützen. Ich nenne es eine himmlische Inspiration. Frischer Wind von oben.
Wenn du dich endlich mit deinem Bruder aussprechen würdest, Sven, und ihr dann eine Party zusammen feiert. Das wäre so ein Moment. Wenn Peter, der mir aus dem Weg geht, weil er sich sonst mit mir über Corona, Putin oder das Klima fetzen würde, endlich wieder Lust hat, sich mit mir zum Bier zu treffen. Und wir behutsam reden, ohne Groll. Dann fühle ich, wie der Heilige Geist weht. Nur so ein Hauch.
Also, von mir aus: Ich drücke für morgen die Daumen – fürs Fair-Play! Für ein würdiges Verlieren – wen immer es trifft. Für Gesicht statt Hintern.
Ich finde, unsere Gesellschaft braucht Vereine und Gruppen, die Verlierer beschützen vor der Häme. Und das Wissen: Wenn du verlierst, kommst du trotzdem weiter. Dann in einem anderen Segment.
Allen Fans wünsche ich, dass sie wissen, dass es um Fußball geht und nicht um alles.
Und uns allen wünsche ich den frischen Wind von oben, vom Höchsten. Der stark macht dafür, dass niemand alone walken muss. Egal, welches Trikot er anhat. Teamgeist für alle. Für Gewinner und Verlierer. Für das Team Leben.
Es gilt das gesprochene Wort.