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In meiner alten Heimatstadt Kiel gibt es das Kieler Schloss. Es heißt nur noch so. Von einem Schloss ist nichts mehr zu sehen. Stattdessen steht dort ein schlichter Gebäudeblock aus rotbraunem Backstein. Er ist wie so vieles hier in der Stadt ein Neubau nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg. Nur noch ein Flügel aus historischer Zeit ist übriggeblieben, am Schlosshof direkt gegenüber. Zwischen beiden Gebäuden steht eine Skulptur. Ein Mann in Lebensgröße. Er trägt die Kleidung des 18. Jahrhunderts – ohne jedes Herrschaftsabzeichen. Neben ihm ein Prunkstuhl, der leerbleibt. Man kann ganz einfach darauf Platz nehmen. Der Mann hält eine Art Urkunde in der Hand. In kyrillischen Buchstaben entziffere ich darauf "Mir", das russische Wort für Frieden. Darunter noch einmal in Deutsch: Frieden. Diese Skulptur ist für mich neu. Kein Wunder, sie wurde erst 2014 errichtet, und ich war lange nicht mehr in Kiel. Das Denkmal ist dem russischen Zaren Peter III. gewidmet. Er wurde hier im Kieler Schloss geboren. Später wurde er Zar von Russland an der Seite von Katharina der Großen.
Peter III. von Russland. Ein Holsteiner auf dem Zarenthron. Das allerdings nur sechs Monate lang, denn er kam mit 34 zu Tode. Eine schillernde Figur der Geschichte und umstritten. Manche sehen in ihm einen Kindskopf und Säufer. Andere wiederum erkennen in seiner kurzen Amtszeit einen aufgeklärten Reformer mit Weitblick und sozialem Gewissen. Und einen Friedensstifter. Seit seiner Jugend hatte Peter den Preußenkönig Friedrich II. verehrt wegen dessen aufklärerischen Geist und Reformeifer. Kurz nach Peters Thronbesteigung hat der junge Zar den Siebenjährigen Krieg mit Preußen beendet und einen Friedensvertrag geschlossen. Nach sieben Jahren Krieg endlich wieder Frieden. Daran erinnert das Denkmal. 2014 wurde es errichtet. Nur wenige Monate, nachdem das heutige Russland sich die Krim einverleibt hat. Ein Zeichen des Friedens inmitten von Krieg. So wie Peter III. auch sehr umstritten.
Ich setze mich auf den bronzenen Prunkstuhl neben der Skulptur und blicke auf den Fähranleger. Hier fuhren noch vor ein paar Jahren die Fähren von Kiel nach St. Petersburg. Für mich damals Zeichen der Verbundenheit zwischen den Völkern nach vielen Jahrzehnten Kalter Krieg zwischen Ost und West.
Ich schaue auf die Skulptur neben mir, dieses umstrittene Denkmal. Ich sehe darin ein Zeichen der Hoffnung, dass Frieden wieder möglich sein wird. Dass die Verbundenheit zwischen Völkern wieder aufleben kann. Ich lese noch einmal, was auf der Urkunde steht, die die Figur in der Hand hält: Mir – Frieden.
Es gilt das gesprochene Wort.