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Die jungen Eltern haben sich chic gemacht. Die Mutter im langen schwarzen Rock und Seidenbluse. Der Vater mit schwarzem Anzug und roter Fliege. Stolz bringen sie ihr Kind in die Kirche. Die beiden Großmütter nicht minder stolz und chic, ein paar Tanten und Onkel sind auch dabei.
Eine Taufe im Familienkreis an einem Maisonntag. Im Mittelpunkt das Kind. Knapp 6 Wochen alt. Geschlossene Augen. Margeriten und blaue Blüten rund um den Kopf auf dem Taufkissen. Etwas mürrisch blickt es in dem kleinen Matrosenanzug, als ob es sich denkt: Soviel Unruhe heute.
Der mürrische Kleine mit Blumen auf dem Taufkissen – das bin ich. Heute ist der Jahrestag meiner Taufe. Und da zünde ich mir daheim eine Kerze an und schaue mir die alten Fotos an, Papierfotos, eingeklebt in ein Album, und mit liebevoll handschriftlichen Notizen beschriftet. Und ich erfahre in dem Album auch von einem Lied, das bei meiner Taufe gesungen wurde: „Lobe den Herrn“. Ich mag das Lied vor allem die dritte Strophe: Lobe den Herren, der künstlich und fein dich bereitet, der dir Gesundheit verliehen, dich freundlich geleitet. In wieviel Not, hat nicht der gnädige Gott über dir Flügel gebreitet.“ (Evang. Gesangbuch 316, 3)
Wenn ich zurückschaue auf mein Leben, kann ich das auch so sagen: Da war einer, der mich freundlich geleitet hat. Und der in Notzeiten wie unbemerkt Flügel über mir gebreitet hat. Und mir geht auch diese Zeile nahe: Gott hat dich künstlich, wie eine Künstlerin, und fein, Zelle für Zelle, bereitet. Und dass du gesund bist oder dich gesund fühlst im Leben, ist ein Geschenk.
Früher dachte man, Kinder müssten ganz schnell getauft werden, nicht dass sie vor der Taufe sterben und dann womöglich nicht zu Gott kommen. Ich glaube das nicht. Ich glaube, Gott hat all die Kinder besonders lieb, die früh gestorben sind. Nach der Geburt. Oder bei der Geburt. Oder während der Schwangerschaft. Sternenkinder heißen sie. Ich glaube, Gott empfängt die Sternenkinder alle mit offenen Armen und sagt: Ob getauft oder nicht, ich hab euch lieb, jetzt bin ich für euch da und zusammen passen wir auf eure Eltern auf der Erde auf, die sind traurig, die brauchen das jetzt grad, dass wir Flügel über sie breiten.
Trotzdem mag ich unsere Tradition, Babys zu taufen, sie zeigt: Gott liebt dich von Anfang an, von Grund auf - lange, bevor du irgendwas dafür tun kannst.
Gott braucht es wahrscheinlich nicht, dass ich getauft bin. Aber ich brauch‘s, dass ich mich erinnere: Ich gehöre zu Gott und zu Jesus und zur Gemeinschaft der Getauften. Und manchmal kann ich es grad in dieser Gemeinschaft erfahren: Ich werde freundlich begleitet.
Es gilt das gesprochene Wort.