Beileid

Wort zum Tage
Beileid
05.11.2020 - 06:20
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Der November hat keinen besonders guten Ruf als Monat. Draußen wird es seit dem letzten Wochenende wieder früh dunkel, welke Blätter auf dem Gehweg und kalter Sprühregen tun das ihre. Ein Monat wie eine Trauerkarte. Und Trauer ist ein Thema, das zu diesem Monat irgendwie dazugehört.

In meiner Ausbildung als Pfarrerin spielte der richtige Umgang mit Trauernden eine wichtige Rolle. Uns wurde eingeschärft, auf keinen Fall Sätze wie „ich weiß genau, wie Sie sich fühlen“ zu sagen. Sie stimmen meistens nicht und deswegen helfen sie auch nicht.

Wie anders es sich aber anfühlt, wenn man selbst betroffen ist, habe ich in diesem Sommer erfahren. Mein Vater ist gestorben und plötzlich war ich diejenige, die Beileidsbekundungen entgegennehmen musste. Es hat mir gutgetan, dass so viele Menschen Anteil an meinem Verlust genommen haben. Aber es gibt einen Satz, der mir oft gesagt worden ist und der mir wenig geholfen hat: „Wenn ich irgendetwas für dich tun kann, sag einfach Bescheid“. „Ja, danke“ habe ich meistens geantwortet. Aber Bescheid gesagt habe ich bis jetzt noch niemandem.

Ich habe darüber nachgedacht, warum mir dieser Satz so merkwürdig vorkommt. Ich glaube, es liegt daran, dass mit ihm der Ball wieder zu mir gespielt wird. Darin liegt eine gewisse Erleichterung für die, die ihn sagen, so nach dem Motto: Ich habe meinen guten Willen ausgedrückt. Was der oder die Andere daraus macht, das ist jetzt ihre oder seine Sache.

„Wenn ich etwas für dich tun kann, sag einfach Bescheid“. Das ist wie so eine Art Gutschein. Aber einer von denen, die man nie einlöst. Trauernde wissen oft nicht genau, was sie in dem Moment gerade brauchen. Und sie haben auch meistens nicht die Kraft, darum zu bitten.

Sicher ist der Satz gut gemeint. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Besser ist es, gleich etwas Praktisches anzubieten oder direkt etwas Konkretes zu tun. Einen Topf Suppe oder einen Kuchen vorbeibringen. Oder einfach etwas Schönes, einen Blumenstrauß, eine Kerze. Die Kinder zur Schule oder zum Sport mitnehmen oder etwas mit ihnen unternehmen. Oder einfach fragen: Was kann ich jetzt für dich tun? Jetzt, nicht irgendwann? Ich habe einen Freund, der hat mich genau das gefragt. Er hat dann bei der Trauerfeier die Anwesenheitsliste geführt und die Plätze verteilt. Das hat mir wirklich geholfen. Es ist viel einfacher, das Richtige zu tun, als man denkt.

Es gilt das gesprochene Wort.