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Die Versöhnungslitanei aus Coventry ist ein Gebet, das aus der Arbeit der internationalen Nagelkreuzgemeinschaft nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden ist. Die Litanei orientiert sich in ihren Bitten an den mittelalterlichen sogenannten „Todsünden“. Die zweite Bitte lautet: „Vater, vergib das Streben der Menschen und Völker, zu besitzen, was nicht ihr eigen ist.“ Die Habgier ist gemeint - eigentlich der Geiz, der alles für sich haben will und anderen nichts gönnt.
Habgier als Todsünde hört sich sehr mittelalterlich an. Auch das Gebet klingt etwas antiquiert. Trotzdem: Die Auseinandersetzung mit diesem Thema könnte nicht aktueller sein. Ökonomisch betrachtet ist der Ursprung der Habgier der Kampf um Ressourcen, um die Dinge, die für das Leben nötig sind, und die Verteilungskämpfe, die daraus entstehen. Dieses Stadium der menschlichen Entwicklung ist nur oberflächlich betrachtet schon abgeschlossen. Habgier gibt es nach wie vor. Sie sieht nur anders aus. Es ist nicht leicht, sie hinter all dem zu erkennen, was bei uns, in den reichen Industrienationen, beinahe selbstverständlich geworden ist. Ein Lebensstandard mit eigener Immobilie, eigenem Auto, mehreren teuren Urlauben im Jahr. Ganz normal, werden viele sagen. Aber diese Normalität können sich selbst in unserem reichen Land längst nicht alle Menschen leisten.
„Niemand lebt davon, dass er viele Güter hat“, sagt Jesus (Lukas 12,15). Seine Botschaft ist wie eine Kur gegen die Habgier und gegen eine rein materialistische Lebenshaltung. Dass sich irgendwann im Eigenheim, mit dem neuen Auto, beim Shoppingbummel oder auf der Kreuzfahrt automatisch das Lebensglück einstellt, ist eine falsche Erwartung. Jesus erzählt dazu die Geschichte von einem reichen Bauern, der immer größere Scheunen für seine Ernte baute. Und zu sich selbst sagte: „Liebe Seele, nun hast du einen großen Vorrat für viele Jahre. Habe nun Ruhe.“ Ein Narr ist das, sagt Jesus über diesen Bauern. Denn wenn er sterben muss, wird alles, was er hat, anderen gehören. (Lukas 12,16-21)
„Sammelt euch Schätze im Himmel“, das sagt Jesus auch. Wenn ich darüber nachdenke, was das sein könnte, diese Schätze im Himmel, dann fallen mir weder Haus noch Auto noch Urlaub ein. Sondern meine vielen unterschiedlichen Beziehungen zu verschiedenen Menschen. Und die vielen Arten von Liebe, die es in der Welt gibt und die ich auch in mir habe. Ich möchte nicht, dass mich besitzt, was ich besitze. Ich möchte frei davon sein. Und dann kann ich lieben, geben, großzügig sein, teilen, was mir gehört. Und frei sein wie die Vögel unter dem Himmel.
Es gilt das gesprochene Wort.