Laetare-Rosa

Wort zum Tage
Laetare-Rosa
30.03.2019 - 06:20
14.02.2019
Florian Ihsen
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Ich mag sie, diese ganz besondere Stimmung, die morgens, etwa eine Dreiviertelstunde vor Sonnenaufgang, eintritt: Die Morgenröte verfärbt den Osthimmel. Rottöne. Orange. Auch mal Violett. Und oft: Rosa.

Wenn ich morgens früh zur U-Bahn gehe, habe ich manchmal das Glück, diese Rot- und Rosatöne am Himmel zu sehen. Die Farben am Himmel sagen mir: Bald geht die Sonne auf.

Ich mag die Farbe Rosa – und bin damit schon als Kind komisch angesehen worden. Ein Junge, der Rosa mag? Rosa ist doch für Mädchen, und blau ist für Jungs. Sagt man. Mädchen haben daher mehr rosa Spielzeug und Jungs mehr blaues. Rosa – eine Kinder- und Mädchenfarbe. Unter heterosexuellen Erwachsenen ist sie eher belächelt. Schweinchenrosa mag niemand, genauso wie Lilablassblau. Seit den Nationalsozialisten und ihrem rosa Winkel für homosexuelle Häftlinge ist Rosa schwul assoziiert. Rosa – die Farbe der Queers.

Nun, diese Assoziationen sind keine 100 Jahre alt. Was Farben bedeuten, ist zeitbedingt, nicht vom Himmel gefallen und kann sich wieder ändern.

Übrigens: Bis in die 1920er Jahre galt Rosa als männlicher Farbton. Rot bedeutete Leidenschaft, Blut, Eros, Kampf – und das galt als männlich. Und Rosa war das kleine Rot, Farbe der noch jungen Männer, der Jungs. Blau hingegen galt als Farbe der Maria und als weibliche Farbe. Und hellblau war die Farbe der jungen Mädchen.

Eine jahrhundertealte und heute noch gepflegte Deutung von Rosa kenne ich aus der Kirchengemeinde, in der groß geworden bin: Am vierten Sonntag der Fasten- und Passionszeit – er heißt Laetare, Freue dich – werden rosa Tücher am Altar und an der Kanzel aufgehängt und auch die Pfarrerin und der Pfarrer tragen eine rosa Stola. Und auf dem Altar stehen rosa Rosen. Eine besondere Farbe für einen einzigen Sonntag im Jahr. An den anderen Sonntagen der Passionszeit ist alles Violett, an Ostern alles Weiß. Und in der Mitte der Passionszeit wird das Violett einmal vom herannahenden Weiß erhellt. Dieses Rosa im christlichen Gottesdienst ist gendergerecht, es hat Geschlechtszuschreibungen einfach durchkreuzt. Rosa hat hier nicht mit männlich oder weiblich zu tun, sondern: mit Karfreitag und Ostern. Mit dem Leiden, Sterben und Auferstehen. Bald wird die Sonne aufgehen, Jesus Christus, neues Leben. Und das Rosa am Morgen und besonders morgen am Sonntag Laetare sagt mir: Freue dich, bald wird es hell.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

14.02.2019
Florian Ihsen