Musik am Ende

Wort zum Tage
Musik am Ende
13.02.2020 - 06:20
03.01.2020
Florian Ihsen
Sendung zum Nachhören
Sendung zum Nachlesen

Bei Beerdigungen staune ich immer wieder über die Musik, die die Verstorbenen selbst oder ihre Angehörigen ausgesucht haben.

Nichts – auch keine noch so persönliche Ansprache der Pfarrerin – berührt so wie ein ganz persönliches Musikstück.

Ich denke zum Beispiel an: Blue Bayou. Es erklang bei der Beerdigung einer Dame, die mit Mitte 70 plötzlich verstorben ist. Blue Bayou, gesungen von der Sängerin Paola, war das Lied, zu dem die Verstorbene zum ersten Mal mit ihrem Mann getanzt hat.

Beim Abschied von meinem Vater habe ich für das Ende der Feier in der Trauerhalle „Jauchzet, frohlocket“ aus dem Weihnachtsoratorium ausgesucht, mitten im Oktober. Diese Musik hat mein Vater geliebt, das kannte er auswendig seit Kindertagen, von der alten Schallplatte aus der Nachkriegszeit. Ein Musikstück wie ein roter Faden durch ein Leben.

Als Pfarrer habe ich gelernt, auch ungewohnte Musik auf Beerdigungen wertzuschätzen. Musik bei der Beerdigung muss für mich nicht unbedingt kirchlich sein. An Sarg und Grab habe ich nicht über Musikstile und die angebliche Christlichkeit der Verstorbenen zu urteilen, sondern: zu erzählen und zu deuten: Wer war dieser Mensch? Und wo lassen sich Spuren des Ewigen in diesem Leben entdecken?

Persönlich ausgesuchte Musik zum Abschied drückt aus, was Menschen im Leben im Innersten berührt hat, was ihnen wichtig war; wie sie ihr Leben gesehen haben. Die Vokabel Gott muss da nicht unbedingt vorkommen.

Am Ende wird Musik sein. So verheißt es auch die Bibel. Das letzte Buch der Bibel, die Offenbarung des Johannes, ist auch ein Lieder- und Musikbuch. Zur Frage, was nach dem Tod kommt, sagt die Bibel: Am Ende wird gesungen und musiziert. Der Grundakkord ist der vom Anfang:

Siehe, es war sehr gut. Auch wenn es im Moment gar nicht danach aussieht. Am Ende wird Musik sein. Und, das Besondere ist: Diese Musik erklingt schon jetzt, mitten im Leben.

Die Menschen der ersten Gemeinden haben die Lieder der Bibel aus ihren Gottesdiensten und ihrem eigenen Leben gekannt – und sind dabei berührt und ergriffen worden. Und sie waren der Überzeugung: Am Ende wird es auch so klingen. Am Ende wird wahr werden, was wir jetzt schon singen. Es wird gut werden mit unserem Leben und mit dem unserer Verstorbenen. Eins dieser Lieder beginnt mit dem Vers: Groß und wunderbar sind deine Werke, Gott.

Ich denke auch darüber nach: Welches Musikstück soll am Ende meines Lebens stehen?
 

Es gilt das gesprochene Wort.

03.01.2020
Florian Ihsen