Wie Gott uns schuf

Wort zum Tage

Gemeinfrei via unsplash

Wie Gott uns schuf
mit Pfarrer Florian Ihsen
17.05.2022 - 06:20
13.01.2022
Florian Ihsen
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Monika und Marie sitzen im Wohnzimmer auf ihren Polsterstühlen. Im Hintergrund das große Wohnzimmerfenster mit dem Blick hinaus ins Grün. Davor zwei Vasen mit Blumen. Ein siebenarmiger Leuchter. Alles ganz normal.

Monika und Marie sind ein Paar. Seit 40 Jahren. Und seit 40 Jahren führen sie ein Doppelleben. Die beiden sind römisch-katholisch und arbeiten in kirchlichen Einrichtungen. Sie verheimlichen ihre Liebe. Als Monikas Vater stirbt, kommt auch ihr Chef zur Beerdigung. Und das heißt: Marie kann nicht bei ihrer Partnerin sitzen, sie nicht in den Arm nehmen. Am Grab steht sie dann in der fünften Reihe, neben einem Cousin. Zu groß ist die Angst, sie könnten ihre Arbeit verlieren. Dass zwei Frauen sich lieben und ein Paar sind, das ist in ihrem Beruf und ihrer Kirche nicht erwünscht.

Monika und Marie haben ihre Geschichte in dem Film „Wie Gott uns schuf“ erzählt. Eine Dokumentation, in der sich über hundert Mitarbeitende der katholischen Kirche als queer outen, also als lesbisch, schwul, bi, trans und ihre persönliche Geschichte offen erzählen. Mich hat dieser Film sehr bewegt und daran erinnert: Die Anerkennung queerer Menschen hat auch in unserer Evangelischen Kirche lange gedauert, und auch da ist oft noch  Luft nach oben.

Wie Gott uns schuf. Mir gefällt dieser Titel. Der große theologische Begriff „Schöpfung“ ist damit etwas ganz Persönliches. Schöpfung bist du. Und Schöpfung bin ich. Das Wort „Schöpfung“ ist wie eine Brille, eine bestimmte Weise, wie ich auf mein Leben schaue, wie ich mein Leben verstehe.

In der Bibel finde ich eine Vielzahl von Schöpfungsvorstellungen nebeneinander. Verschiedene Brillen und Weisen, wie Menschen ihr Leben als Gottes Geschenk deuten. Auf der ersten Seite der Bibel: ein Schöpfungslied in sieben Strophen. Und gleich danach, ganz anders, eine Erzählung: Gott wie ein Gartenarbeiter, der aus Lehm einen Menschen macht, mit eigenen Händen und ihn anhaucht, ihm Leben einbläst. Und später in der Bibel immer wieder Staunen und weises Nachdenken über die Vielfalt des Lebendigen.

Heute am 17. Mai ist der internationale Tag gegen Homophobie und Transphobie. Für mich auch ein Tag, um über Gottes Geschöpfe zu staunen. Wie vielfältig sind Menschen, wie vielfältig leben und lieben sie, männlich, weiblich und so viel dazwischen. Was Gott geschaffen hat, ermutigt wie bei Marie und Monika zum Erzählen und Zuhören, zum Hinschauen, Verstehen, zum Staunen und Danken.

 

Quelle:

https://www.ardmediathek.de/video/wie-gott-uns-schuf/wie-gott-uns-schuf-oder-die-doku/das-erste/

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

13.01.2022
Florian Ihsen