Janus - Januar

Morgenandacht

Gemeinfrei via Unsplash/ Priscilla Du Preez

Janus - Januar
Morgenandacht von Angela Rinn
02.01.2023 - 06:35
11.11.2022
Angela Rinn
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Der Januar verdankt seinen Namen einem römischen Gott: Janus. Der Gott mit zwei Gesichtern. Mit ihnen konnte er gleichzeitig in die Vergangenheit und in die Zukunft blicken. Janus war der Gott des Anfangs und des Endes, zuständig auch für Türen und Schwellen. Kein Wunder, dass der Monat an der Schwelle zum neuen Jahr nach ihm benannt worden ist. Und: Keine schlechte Idee, es an diesen Schwellentagen zwischen altem und neuem Jahr dem Janus nachzutun und sowohl zurück als auch nach vorne zu blicken. Noch ist die Erinnerung an das, was vergangen ist, ganz lebendig. Und genauso vital ist die neugierige, hoffnungsvolle, vielleicht auch ängstliche Erwartung an das, was kommt.

Ein realistischer Blick zurück auf Gutes und Schlechtes im alten Jahr hilft, klug und besonnen, für manches auch dankbar ins neue Jahr zu sehen. Fehler aus dem letzten Jahr muss man nicht wiederholen. Und das, was gut funktioniert hat, darf gerne bewahrt werden. Das letzte Jahr mit seinen vielfältigen Schrecken war schwer, für alle Menschen, überall auf der Welt. Trotzdem gibt es auch die ein oder anderen strahlenden Stunden, die in der Erinnerung an das vergangene Jahr aufleuchten. Ein Licht, das auch ins Neue Jahr scheinen kann. Und – wenn es gut geht – Menschen hoffnungsvoll stimmen kann.  

Damit wäre für mich aber Schluss mit der Begeisterung für Janus. Denn sein ständiger Doppelblick scheint mir kein wirklich angenehmes Schicksal zu sein. Der altrömische Gott ist dazu verdammt, niemals ein Auge zudrücken zu können. Vergebung oder Nachsicht gehörten offensichtlich nicht zu seinem göttlichen Portfolio. Aus christlicher Perspektive scheinen mir das aber sehr sinnvolle Fähigkeiten zu sein. Nicht nur aus moralischen Erwägungen, sondern auch ganz egoistisch betrachtet. Es wäre doch schrecklich, wenn man alles aus dem alten Jahr mit ins neue schleppen müsste. Alte, offene Rechnungen belasten beide Seiten. Auf der Schwelle zum neuen Jahr möchte ich gerne in der Lage sein, im Rückblick das ein oder andere Auge vergebend zuzudrücken. Das lässt entlastet nach vorne schauen. Ich freue mich auch darüber, wenn andere mich nicht so streng ansehen und mir verzeihen können, was ich an ihnen versäumt habe. Nicht zuletzt wäre es schön, wenn ich mir auch selbst vergeben könnte, worin ich gescheitert bin. Manchmal fällt das besonders schwer.

Ganz furchtbar finde ich, dass bei Janus mit seinen vier stets geöffneten Augen nun gar nicht an Schlaf zu denken ist. Und das halte ich für keine gute Idee. Schlaf ist so wichtig für die Kreativität, um Erlebtes gut zu verarbeiten und neue Ideen träumend zu erahnen. Wie oft sieht die Welt nach einem tiefen Schlaf am nächsten Tag ganz anders aus. Sogar dann, wenn man sich in den Schlaf geweint hat.

 „Den Seinen gibt´s der HERR im Schlaf“ heißt es in Psalm 127, und dieser Satz enthält die tiefe Erkenntnis: die wichtigsten Dinge kann man sich nur schenken lassen. Nicht alles im Leben kann man sich durch harte Arbeit verdienen. Sogar der Schlaf selbst kann nicht erzwungen werden, wer unter Schlaflosigkeit leidet, weiß das nur zu gut. Für sie, aber auch für mich hoffe ich im Neuen Jahr auf Zeiten erholsamer und kreativer Ruhe. Vielleicht sogar auf das ein oder andere gemütliche Mittagschläfchen.

So wünsche ich Ihnen in diesem beginnenden Neuen Jahr einen versöhnlichen Blick zurück und einen beherzten Blick nach vorne. Und dazu viele entspannte Zeiten mit der beglückenden Erfahrung, dass Gott Ihnen viel schenkt, während sie selig schlummern. Den Seinen gibt´s der HERR im Schlaf.

Es gilt das gesprochene Wort.

11.11.2022
Angela Rinn