Wäre eine Einheitssprache nicht praktisch? Wenn alle dieselbe Sprache sprächen? Die Bibel sieht’s anders. Sie feiert die Vielfalt.
Sendung zum Nachlesen
"Salam aleikum!" Die drei Mädels haben sich freudestrahlend vor mir aufgebaut. Erwartungsvoll schauen sie mich an. "Wa aleikum salam!", sage ich und strahle zurück. "Was, du kannst Arabisch?" Sie sind völlig von den Socken. Im Kindergarten, über dem ich wohne, spielen und lernen Kinder vieler Nationen und vieler Sprachen, Deutsch, Arabisch, Türkisch, Ukrainisch, Russisch, Fränkisch – alles mit dabei! Natürlich musste ich die drei Mädels enttäuschen. Ich spreche kein Arabisch. Aber immerhin, den Friedensgruß kann ich erwidern: Friede sei mit euch – Und mit euch!
Heute ist der europäische Tag der Sprachen. Er steht unter dem Motto: "Sprachen für den Frieden." Auf Reisen erlebe ich das immer wieder: Wenn ich auch nur ein paar Brocken in der Landessprache kann oder mich wenigstens darum bemühe, dann bricht das Eis. Auch wenn meine polnische Aussprache ganz fürchterlich war, konnte mir die Apothekerin helfen. In den italienischen Alpen habe ich mich mit "Non parla italiano" durch die Gasthäuser gehangelt und trotzdem ganz wunderbar gegessen. Und mein "Priwet!", zu Deutsch "Hallo" hat das Herz der russischen Fahrkartenverkäuferin erweicht.
Sprache verbindet. Ich kann ausdrücken, was ich möchte, was mir gefällt. Ich kann hören, was die andere sagt, wie sie die Dinge empfindet. Und wenn es auf der verbalen Ebene nicht geht, dann hilft die weltweite Zeichensprache und vor allem ein Lächeln, ein offenes Gesicht und die Bereitschaft, sich auf den andern einzulassen.
Die biblische Geschichte dazu ist die Pfingstgeschichte: Die Jünger und Jüngerinnen hocken verzweifelt und traurig in der Bude, weil sie nicht wissen, wie es ohne Jesus weitergehen soll. Ohne Jesus, der wie noch niemand vorher von der Liebe gesprochen hat, der sich den Mund nicht hat verbieten lassen von Machthabern. Der mit denen geredet hat, die sonst keiner anspricht. Der ist jetzt weg, aufgefahren in den Himmel. Wie geht es jetzt weiter Welche Worte sollen sie finden? Sie haben doch eigentlich nichts zu sagen in der Welt.
Da geschieht es. In der Bibel steht: Feuerzungen setzten sich auf ihre Köpfe, und "sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in anderen Sprachen" (Apostelgeschichte 2). Und auf einmal sprechen sie fließend Parthisch, Elamitisch, Ägyptisch, Arabisch und erzählen von dem, was sie mit Jesus erlebt haben.
Die verschiedenen Sprachen, die sonst ein Hindernis in der Verständigung sein können, trennen auf einmal nicht mehr, sondern sie verbinden die Menschen. Ich finde es super, dass nicht plötzlich alle eine von oben verordnete Einheitssprache sprechen. In aller Vielfalt verstehen die Menschen einander. Jede mit der Art, sich auszudrücken. Jeder mit den Mitteln, die er am besten beherrscht. Und alle mit Respekt.
Das können wir in Europa gut gebrauchen. Indigene Sprachen gibt es hier 225, darunter Regionalsprachen wie Baskisch oder Walisisch. Dazu kommen die Sprachen, die Migranten, Flüchtlinge und andere Neu-Europäer mitbringen. Ich höre sie auf Nürnbergs Straßen, in der U-Bahn und im Park. Und ich höre auch viel Zweisprachigkeit. Die junge Frau auf der Post spricht Indisch und Deutsch. Die Chefin vom Friseursalon wechselt fließend von Deutsch ins Türkisch. Die drei Mädels im Kindergarten können Arabisch und Deutsch.
Ich denke, das eint uns Menschen: Wir wollen verstanden werden. Egal ob syrisch, fränkisch oder italienisch. Wir wollen das Gefühl haben, da versteht mich einer – rein sprachlich, vor allem aber zwischenmenschlich. Da ist mir jemand gegenüber, der oder die möchte dasselbe wie ich: gut miteinander leben. Salam, Schalom, Friede!
Es gilt das gesprochene Wort.
Feedback zur Sendung? Hier geht's zur Umfrage!