Wort zum Tage
Liebesgeld
22.12.2015 05:23

Wir haben in unserer Familie eine eigene Währung. Nicht, dass wir etwas gegen den Euro hätten, im Gegenteil. Aber wir haben einen wirklich schönen Namen gefunden für all die Münzen, die kleineren und auch mal größeren Scheine, die in den Umschlägen und Paketen von der Oma stecken. Dies ist kein gewöhnliches Geld, sondern Liebesgeld. Gerade jetzt zu Weihnachten, aber auch zu Geburtstagen kommt dieses Liebesgeld bei uns an. Wenn es Münzen sind, sind sie oft mit Tesafilm zu einem kleinen Türmchen zusammengeklebt oder auch als Schein zusammengerollt und mit Geschenkband zusammengebunden. Für jedes Kind gibt es extra Liebesgeld. Manchmal wandert es ins Sparschwein, meistens aber direkt ins Portemonnaie, denn es ist ausdrücklich zum Ausgeben bestimmt, für Dinge, die weder notwendig noch nützlich sind.

Unsere Jüngste hat ihr letztes Liebesgeld aus dem Nikolauspäckchen neulich mit in den Gottesdienst genommen. Ich glaube, vor allem deswegen, weil ihre Bluse so schöne Brusttaschen hatte, in die man es hineinstecken kann. Doch als dann die Kollekte eingesammelt wurde, hat sie ihr Liebesgeld ohne Zögern in den Korb geworfen.

Und ich habe gedacht: So würde ich das auch gerne können. Die Kollekten, die wir im Gottesdienst sammeln, die Spenden, mit denen wir gerade in der Weihnachtszeit großzügiger sind als sonst, die werden zwar in Euro gezählt. Aber eigentlich sind sie doch Liebesgeld. Die Kollekte ist kein Eintrittsgeld für die Kirche. Sie ist ein Ausdruck der Liebe zu denen, die weniger haben als wir und auf unsere finanzielle Zuwendung angewiesen sind. Schon unter den ersten Christen war es üblich, Kollekten einzusammeln und sie denen zu schicken, die sie nötig hatten. In den Briefen, die Paulus an seine Gemeinden schreibt, ist immer wieder davon zu lesen, für wie wichtig er diesen Ausdruck der Verbundenheit und Zuwendung hält. Und auch, dass es Auseinandersetzungen darüber gab. Beim Geld hörte nicht nur die Freundschaft, sondern manchmal sogar die Nächstenliebe auf.

Natürlich herrschen heute andere Bedingungen. Bei uns sind die Kirchen durch die Kirchensteuern finanziell sehr gut ausgestattet und abgesichert. Gerade deswegen ist die Kollekte, die ich gebe und für die ich auch keine Spendenbescheinigung bekommen möchte, noch eine andere Währung. Das Liebesgeld in der Kirche sozusagen. Ich glaube, ich nehme in den nächsten Gottesdienst einen Schein mit. Und binde ihn vorher mit Geschenkband zusammen.