Wort zum Tage
Gemeinfrei via Unsplash/ Yuriy Kovalev
Vorwegglauben
Friedensgebet in der Ukraine-Krise
Autor
23.02.2022 05:20
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„Gib Frieden, Herr, gib Frieden,
die Welt nimmt schlimmen Lauf.
Recht wird durch Macht entschieden,
wer lügt, liegt obenauf.“

 

1837 war das, als ein Kirchenmann von der Insel Rügen den Ursprungstext für dieses Lied gebetet hat. Andere Zeiten, gleiches Gefühl.

 

Das Unrecht geht im Schwange,
wer stark ist, der gewinnt.
Wir rufen: Herr, wie lange?
Hilf uns, die friedlos sind.

 

Später, 1963 war es ein wieder ein Pastor, in dem Fall aus Amsterdam, Jan Nooter heißt er, der hat diesen Text aktualisiert. Ein deutscher Pastor hat ihn in Deutsche übersetzt.

Das Lied wurde eine Hymne in der Friedensbewegung der DDR.

 

Es war der intensive Wunsch, dass eine andere Logik als die Kriegslogik, gewinnt. Eine, die auf Verständigung setzt, auf Interessensausgleich. Jan Nooter sagt: Lasst uns auf Jesus schauen. Er legt sich selbst als Brücke zwischen Menschen. Deswegen können wir aufeinander zuzugehen. Selbst zu denen, die uns feind sind.

 

Es klingt so herrlich naiv. Erst recht in der jetzigen Situation.

Aber so oft schon – und davon kann die DDR-Friedensbewegung im wahren Wortsinn ein Lied singen – hat ein Lied die Richtung vorgegeben. Da hat sich ein Lied in die tieferen Schichten der Seele hineingesungen.

Es ist dort zu einer Wahrheit geworden, von der die Realität weit entfernt schien. Aber weil das Bild schon einmal da war, da war es leichter, es auch abzurufen. Für möglich zu halten.

Für wahr zu halten. Wie könnte man es nennen? Vorwegzuglauben.

Und was genau?
Dass wir aussteigen können aus dem Denken, es gebe nur Freunde und Feinde. Und dies sei auf ewig zementiert. Nein, ist es nicht. Dinge können sich ändern, man kann reden, Lösungen finden.

 

Dieses Lied singen derzeit wieder viele Christinnen und Christen in den Friedensgebeten. Sicherlich und hoffentlich wird es jetzt auch wieder mehr davon geben.

Und auch das klingt erst einmal banal und irrelevant und viel zu klein, um etwas bewirken zu können.

Aber: Nur zur Erinnerung: Die Friedliche Revolution kam aus den Friedensgebeten.

 

Gebet schafft Verbindung. Zwischen Menschen. Im günstigen Fall zwischen Gläubigen verschiedener Nationen. Und dem einen, den wir kennenlernen als Friedefürsten.

Er möge es geben, dass die russisch-orthodoxen Christinnen und Christen jetzt auch glauben und für wahr halten, dass es anders gehen kann, als mit der Logik von militärischer Kraft und Konkurrenz.

Für sie und mit ihnen bete ich heute mit der letzten Strophe des Liedes:


Gib Mut zum Händereichen,
zur Rede, die nicht lügt,
und mach aus uns ein Zeichen
dafür, dass Friede siegt.

 

Es gilt das gesprochene Wort.